Ford V8 Modelle im Werk Bukarest
1936
1932 schlug man Ford England (zuständig für den Vertrieb in Rumänien) vor eine Fertigung in Bukarest-Floreasca zu errichten.
Doch erst im Mai 1936 begann die neu gegründete Ford Romana S.A.R. mit dem Bau des ersten osteuropäischen Fließbands für eine Kapazität von 2.500 amerikanischen, viertürigen und sechssitzigen V8-48 (Mai-Juli) und V8-68 (Juli-Dezember) und Nutzfahrzeugen jährlich, nachdem im Jahr zuvor bereits Autoelektrik-Teile gefertigt wurden. Henry Ford weiht im Rahmen seiner Europa Reise das neue Werk ein. 100 Arbeiter sollten beschäftigt werden. Die ambitionierten Pläne beinhalteten sogar die Montage des Lincoln Zephyr. Große Händler wie Banat-Motor vertreiben bis 1941 die begehrten Ford im deutschsprachigen Timișoara (Temeschwar) und unterhalten eine Werkstatt, deren Gebäude heute noch erhalten sind. Bis 1940 werden die Modellwechsel im Werk analog zu den USA umgesetzt. Lincoln und Mercury Modelle werden auf Bestellung aus den USA importiert.
Zu dieser Zeit wurden Rumänen auch im Motorsport erfolgreich. Petre Cristea gewinnt zusammen mit Gogu Constantinescu und Ionel Zamfirescu 1936 in einem selbst aufgebauten Ford V8 die Rallye Monte Carlo. Sie wählten mit Athen den schwierigsten Startort, der aber auch die meisten Wertungspunkte brachte. Im Balkan bekamen sie Wölfe zu Gesicht und führten zur Sicherheit einen Revolver mit. Die abgespeckte Karosserie verzichtete auf eine Heizung. Zamfirescu erinnerte sich in den 80ern: "Fahrer und Beifahrer wärmten sich mit Cognac- und Weinflaschen". Zwanzig Jahre nach seinem Monte Sieg 1936 wird Petre Cristeas ein Geheimnis preisgeben. Sein abgespeckter Ford V8 sei mit einem starren Hinterachsantrieb ohne Differential ausgerüstet gewesen. Dies habe ihm erlaubt, den engen Geschicklichkeits-Kurs ohne durchdrehende Räder und somit mit stärkerer Beschleunigung als seine Gegner zu fahren. So gewinnt er diese entscheidende Prüfung mit 49 Sekunden Vorsprung auf die schon heftig feiernden Schells. Diese Hinterachse bewährt sich auch in Schnee und Morast. Im Ford herrscht klare Arbeitsteilung: Petre Cristea fährt, Ionel Zamfirescu liest die Karten, stoppt die Zeiten und Gogu Contantinescu ist für die Mechanik zuständig. Im Jahr darauf erreicht Cristea den 7. Gesamtplatz, der erste bleibt ihm verwehrt, weil die Kotflügel Abmessungen nicht dem Reglement entsprachen. Auch beim Alpen-Pokal und anderen internationalen Wettbewerben sind rumänische Ford V8 Piloten erfolgreich. 1937 werde für die rumänischen Streitkräfte amerikanische Ford LKW mit Marmon-Herrington Allradantrieb montiert. 1938/39 werden 600 Armee LKW montiert, darunter Allradfahrzeuge, die Flak-Geschütze ziehen sollten.1938 wird Erhard Vitger die Leitung der Ford-Motor-R.T.C. in Budapest übertragen. Das Werk in Rumänien erweitert seine Zuständigkeit auf Jugoslawien, Bulgarien und Albanien. 1939 werden noch einmal 488 Marmon-Herrington 4x4 LKW bestellt, zu einer Montage ist es aber auf Grund des Kriegsausbruchs nicht mehr gekommen. Am 2. Oktober 1939 unterzeichnet Ford Dagenham mit der rumänischen Regierung einen Vertrag zur Lieferung von 1.500 V8 Krankenwagen. Auch das rumänische Königshaus fuhr Ford Produkte, man importierte eigens ein Lincoln LeBaron Cabriolet. Lincoln unterhielt in Bukarest einen edlen art-deco Showroom am Tache Ionescu Boulevard. Das rumänische Ford Werk verwendet immer mehr heimische Bauteile, anstatt wie zuvor nur als reiner Montagebetrieb zuarbeiten. Es arbeitete sehr profitabel, der Ausstoß lag 1936-40 bei rund 2.500 Fahrzeugen jährlich, davon rund 600-700 PKW.
1939 wurden in Rumänien gefertigte Innenausstattungen, Batterien, Schrauben, Farben und andere Teile zur Freigabe nach Detroit geschickt. Ford hatte in Rumänien schon zehn Millionen Lei investiert. 1940 fehlten dann jedoch durch den Zweiten Weltkrieg die Mittel um weiterhin Teile aus den USA zu importieren. Im ersten Quartal hatte man alle LKW verkauft und im März wurde das Werk der rumänischen Armee übereignet, die eine beachtliche Anzahl Allrad-Ford LKW betrieb. Das Werk stand nun unter deutscher Verwaltung, alle Importe aus den USA und Großbritannien wurden eingestellt und der Österreicher Wachner als Verwalter bestellt. Private Fahrzeuge wurden requiriert, nur rund die Hälfte wurde nach Kriegsende an ihre Besitzer zurückgegeben.
Petre Cristea mit seinem
umgebauten Ford V8 bei der Rallye Monte Carlo
V3000S LKW wurden
unter deutscher Aufsicht für die Truppen der
Achsenmächte gebaut. Im Oktober 1940 ging die Leitung der Ford Romana SAR an die deutschen Ford-Werke über, und am 22. Juni 1941 trat das Königreich Rumänien an der Seite Deutschlands in den Zweiten Weltkrieg ein. Noch nach Kriegsausbruch kommen Anfang 1940 aus Dagenham 700
LKW, 27
Krankenwagen, 90 PKW als Armee Mannschaftswagen sowie 50
PKW; bis im März sämtliche Importe kriegsbedingt
gestoppt wurden. Das Werk fungiert fortan als reiner
Reparaturbetrieb, fuhr doch die rumänische Armee fast
ausschließlich Ford Allrad-LKW.
1943 überholte die "Fabrica de Autocamioane Ford-Romana" von
der Roten Armee erbeutete "Komsomolets" Panzer, die mit in
Ford-Lizenz gebauten GAZ Motoren angetrieben wurden. Nach der Aufarbeitung wurden sie als Zugfahrzeuge
für 50 mm Panzerabwehrkanonen eingesetzt. Die Sowjet-Armee wird
sich darüber gefreut haben, konnte sie doch alle Exemplare
später wieder zurück erbeuten.
Im August 1944 wurde das Werk beschlagnahmt und als Kriegsentschädigung teilweise demontiert. Der Reparaturbetrieb wird zunächst auch für die Rote Armee weitergeführt. Nach der kommunistischen Machtergreifung war Ford in Rumänien - wie in allen Ostblock-Staaten - nicht mehr präsent, weil durch die Verstaatlichung 1946 alle Verhandlungen zwischen Ford England und den dortigen Behörden scheiterten. Ein Hauptproblem war die nicht frei konvertierbare rumänische Währung. Immerhin kann Ford England Entschädigungszahlungen der Rumänen für die Enteignung erwirken, die aber nur zu einem kleinen Teil wirklich geleistet wurden. Am 11.6.1948 wurde Ford Rumänien verstaatlicht. Die Anlagen wurden liquidiert und von "Autoindepenta" übernommen. Dieser Betrieb für Elektro- und Wärmetechnik existiert unter anderem Namen bis heute.
1964 geht im Werk "Steagul Roşu" (Rote Fahne) der Fünftonner LKW vom Typ "SR113 Bucegi" in Produktion. Dessen formschönes Führerhaus wurde von Chausson entwickelt, sein SR211 Benzinmotor ist eine Lizenzproduktion des 140 PS 5.025 ccm "Y-block" Ford V8. Es folgen der Allrad-Viertonner SR144, die Sattelzugmaschine SR115, der Kipper SR116 und ein Siebentonnen Frontlenker SR7 BA-1 bzw. SR18T BA-1 Zugmaschine auf gleicher Basis.
1966 reist Henry Ford II nach Bukarest um Verhandlungen über ein geplantes Jointventure zwischen Ford-Köln und einem rumänischen Betrieb zu leiten. Geplant war ein zehnjähriges Engagement der Kölner um beim Aufbau der rumänischen Automobilindustrie zu helfen. Doch die Pläne für einen Lizenzbau von 15M und Transit scheitern ebenso wie spätere Gespräche 1971 über den Bau von Ford LKW.
[<< MAVAG] | [Home] | [Ford Jugoslawien >>]