Henry
Ford hatte seine
europäischen Aktivitäten nach dem Ersten Weltkrieg
auf zwölf eigenständige Unternehmen aufgeteilt. In
den 20er Jahren erkannte er jedoch, dass die Tätigkeit dieser
Unternehmen koordiniert werden musste, um das Europageschäft
effektiver zu gestalten. Mit Blick auf die Art und Weise, wie moderne
europäische Unternehmen heute geführt werden,
lässt diese Initiative von Henry Ford eine beeindruckende
unternehmerische Weitsicht erkennen.
Grundlage der neuen Strategie war die Zentralisierung von Fords
Europaaktivitäten in England, wo zu diesem Zweck mit der Ford
Motor Company Limited eigens ein neues Unternehmen gegründet
wurde. Eine neue Fabrik - „das Detroit Europas“ -
die als Drehscheibe für Fords Europageschäft auf
urbar gemachtem Marschland in Dagenham in England errichtet wurde,
spielte für den „Plan 1928“ eine zentrale
Rolle. In dem neuen Werk, das mit dem für die damalige Zeit
immensen Kostenaufwand von fünf Millionen Pfund gebaut wurde,
lief am 1. Oktober 1931 das erste Fahrzeug vom Band - ein Ford-AA-Lastwagen.
Kurz
nach der Einweihung des Betriebs
im Mai 1929 begann jedoch die Welt-Wirtschaftskrise. Die Nachfrage nach
dem „Model A“, das in der Anschaffung zwar
preiswert war, im Hinblick auf die 1920 in England eingeführte Hubraum-Steuer und Unterhalt jedoch relativ
teuer, brach ein, und das neue Werk Dagenham setzte in den ersten drei
Monaten nur fünf Modell-A-Fahrzeuge ab. Die neue britische
Ford-Gesellschaft stand kurz vor dem Aus und rettete sich nur mit dem
Verkauf von Nutzfahrzeugen vor dem Konkurs. Die erlahmende Nachfrage in
Europa erhielt jedoch Auftrieb durch die Einführung
des Modell Y
mit vier Steuer-PS nach deutscher Formel, das speziell auf
den
europäischen Markt
zugeschnitten war. Nach nur fünfmonatiger Entwicklungszeit
wurde 1932 ein Prototyp des „Model Y“ in speziellen
Ford Motor Shows in ganz Europa präsentiert, vieles erinnert an den Morris Eight. Im
englischen Werk Dagenham begann
die
Produktion bereits im August 1932 mit dem 8HP Modell, das bis 1937
weitergebaut
wurde. Man brauchte dort dringend ein konkurrenzfähiges
Produkt für
den überaus erfolgreichen Austin Seven. Der neue Ford
"Popular", der
1935 vorgestellt wurde, wurde dort auch "100 Pfund Ford" genannt.
Ein Automobil in nur zehn Monaten vom Reißbrett zur
Produktionsreife zu bringen, war eine bemerkenswerte Leistung - die
verzweifelte Situation erforderte jedoch
außergewöhnliche Anstrengungen. Trotz der raschen
Entwicklung hatte der neue Ford bemerkenswerterweise wenig
Kinderkrankheiten.
Produktion des Ford
Köln im Werk Niehl
Im
Jahre 1933 stellte Ford-Köln
ihre eigene, zweitürige Limousine vor, die "Fordor" Viertürer
wurden zuvor noch aus England importiert.
Daneben wurden ein zweitüriges Cabriolet und ein
Express-Lieferwagen angeboten. Das "Model Y" - erhielt aus
verkaufstechnischen
Gründen für den deutschen Markt bald die
Modellbezeichnung
"Ford Köln". Später ergänzen noch ein Roadster und eine Cabriolet-Limousine das deutsche Köln Programm.
Ford warb 1933: "Ford hat
einen 4PS-Wagen
mit allen technischen Vorzügen größerer
Wagen gebaut. Das
bedeutet: Qualität der Konstruktion und des Materials,
Stabilität,
Zuverlässigkeit und Fahrkomfort. Dazu niedriger
Anschaffungspreis
und minimale Unterhaltungskosten, kurzum: Der Wagen, den sich jeder
leisten
kann!"
Als "Volkswagen" wurde zuvor eine billig-Version mit Kunstleder-Karosserie von Traut ohne Trittbretter und Stoßstangen angeboten. Die Produktion dieses kostengünstigen Wagens wurde ab 1936 auf Befehl aus Berlin verboten. Befürchtete man die Konkurrenz für das staatseigene Volkswagen-Projekt? Technisch ist das Wägelchen recht primitiv: dreifach gelagerte Kurbelwelle, Seitenventilmotor und simples hochbeiniges Fahrwerk. Dies war der Hauptgrund für den mangelnden Erfolg auf dem deutschen Markt. Relativ modern war nur das teilsynchronisierte Getriebe.
Die Visionskraft und der Weitblick von Henry Ford wurden reich belohnt. Ford Britain, das in den Jahren 1932 und 1933 noch Verluste einfuhr, verzeichnete 1934 einen Rekordgewinn von 1,39 Millionen Pfund. Dabei erzielte Ford mit seinem Modell Y in Großbritannien einen Marktanteil von 54 Prozent im Segment bis acht Steuer-PS. Aber auch in Australien und Japan wurde der kleine Ford montiert. Bei Vairogs in Litauen lief er als "Ford Junior" vom Band, in Spanien als "Forito" und in Frankreich unter dem Namen Ford 6CV. Das grundlegende Design hielt sich in Großbritannien noch bis ins Jahr 1959.