Nach
dem Ersten Weltkrieg unternahm "Big Bill" William S. Knudsen, gebürtiger
Däne, eine Reihe von Europa-Reisen. Daraufhin empfahl er Henry Ford in Cadiz und Kopenhagen Montagebetriebe zu gründen.
Beide sollten als regionale Stützpunkte agieren, Cadiz für Südeuropa und
Kopenhagen für den Nordosten (zu dem neben Skandinavien und den baltischen
Staaten auch Polen und der Freistaat Danzig
zählte).
Dänemark hatte sich nicht am Krieg beteiligt und war so nach 1918 relativ
wohlhabend. Zudem gab es keine einheimischen Autohersteller. Kopenhagen
wurde auch wegen seiner guten Häfen ausgewählt, nachdem sich die Schweden
in Göteborg wenig kooperativ zeigten.
Das 100m lange Fließband im Ford Werk Heimdalsgade
Der kleine Betrieb Nørrebro Heimdalsgade in Kopenhagen wurde im Juni 1919 gegründet und bis September verließen ca. 700 T-Modell Touring das Band. Abnehmer waren F. Bülow, Gjestvang in Oslo und Amerikanska Motor Importen A/B in Malmö. Dänemark sollte Fords Zentrum für den Vertrieb in ganz Nordeuropa werden, dabei half auch die dänische Steuer- und Abgabenpolitik. Praktisch alle dänischen Arbeiter waren Mitglieder einer Gewerkschaft, aber Henry Ford hasste Gewerkschaften. Auf Dänemarks erster Montagelinie wurden Ford T für Skandinavien, Deutschland, das Baltikum und Polen produziert. Die deutsche Automobilzeitschrift Motorwagen bezeichneten Ford in Dänemark als "völlig dominierend". Ab 1921 wurden auch Traktoren verkauft und erste Pläne für ein größeres Werk geschmiedet und Bülöw eröffnete 1923 ein neues "Auto Palast" Hauptquartier in Kopenhagen.
Ford Werk Kopenhagen
Der Verkaufserfolg
zwang das Ford Management sich nach einem besser geeigneten
Produktions-Standort umzuschauen. Im Freihafen Kopenhagen
baute man 1924 eine moderne, 11.000 qm große Fabrik. Der Architekt Albert
Kahn, der alle Ford Fabriken weltweit entwarf, zeichnete eine moderne
Anlage mit Schiffsanleger und Gleisanschluss nach dem Vorbild des
amerikanischen Rouge-Komplex, Monberg & Thorsen übernahmen den Bau. Im
November war das Werk mit 600 Arbeitern betriebsbereit und die Produktion
schoss von 140 pro Tag in Heimdalsgade auf 220. Immer mehr Teile wurden
von heimischen Lieferanten bezogen.
Gleichzeitig wurden die Absatzgebiete von Ford neu verteilt und die
Niederlassungen sollten weitere Investitionen tätigen. Bülow behielt nur
die drei größten Städte Dänemarks. Er war darüber so erbost, daß er seinen
Vertrag mit Ford kündigte und zur Konkurrenz von GM wechselte, die auch
ein neues Werk in Kopenhagen gebaut hatten. Auch Knudsen ging zu GM.
Es
begann eine regelrechte Werbeschlacht
um die Kunden zwischen Ford und GM. Dabei vergaß Ford auch nicht
zu erwähnen, daß der amerikanische Präsident stets einen
Lincoln fuhr. Begleitet wurde dies von einer
Preisschlacht. Zum Jahreswechsel
1925/25 kostete ein Runabout 2.575 Kronen und die viertürige Limousine
4.975 Kronen, der 100.000ste Ford T aus dänischer Fertigung verließ das
Band.
Ab August 1927 stoppte die Fertigung in
Kopenhagen für neun Monate. Die Anlagen wurden für das neue A-Modell
umgerüstet, das sofort wieder ein Verkaufsschlager wurde.
1929 wurden die europäischen Aktivitäten
von Ford unstrukturiert, Dänemark wurde nun von Großbritannien
aus geleitet. Offenbar war die Neuorganisation erfolgreich, denn das Jahr
1930 wurde zum erfolgreichsten in der dänischen Ford Geschichte. 19.216
Fahrzeuge wurden gebaut, von den bis auf 8.803 alle exportiert wurden.
Man erwirtschaftete einen Gewinn von 3,5 Mio Kronen.
Die Wirtschaftskrise in den 30er-Jahre raubte dem neuen Werk die Exportmärkte, auch Nutzfahrzeuge wurden kaum noch gebraucht. Hinzu kamen Schwierigkeiten in Dänemark die nötigen Devisen für den Einkauf aus USA zu bekommen. Ab 1934 besserte sich die Situation wieder langsam, 1935 wurden erstmals mehr Ford in Schweden als in Dänemark abgesetzt, was auch an den die neuen und strikten Devisenbestimmungen der Dänen für Automobilimporte aus den Vereinigten Staaten lag. So konnten die Dänen in dieser Zeit zwischen in Dänemark, Deutschland, England, Frankreich und USA montierten Ford Modellen wählen - so viel Auswahl hatte die Kundschaft anderswo nicht.
Mit
dem Kriegsausbruch sank die Produktion
sofort um ca. 10%. Ein Grund war das rationierte Benzin, ab März 1940
wurden die Rationen noch einmal halbiert. Im April 1943 kam es zur
Produktions-Einstellung in Dänemark.
Nach der Besetzung durch die Wehrmacht
1940 wurden auch andere Erzeugnisse (z.B: Holzgasgeneratoren
für
Imbert in Köln, Luftfilter für Niessen in Wien und Elb-Boote
für Sachsenberg in Dessau) produziert. Rüstungsgüter
verließen
jedoch nie das Werk. Es erscheint wie eine Ironie des Schicksals,
daß es während des Zweiten Weltkriegs (als die besetzten Werke in
Frankreich, den
Niederlanden, Belgien
und Dänemark sämtlich von Ford Deutschland kontrolliert
wurden) vermutlich eine effektivere Koordination unter den
kontinentaleuropäischen Standorten von Ford gab als in
Friedenszeiten. Der Bau von Holzgasgeneratoren wurde auch
nach Kriegsende vorerst weitergeführt.
Ursprünglich gehört auch Ford Schweden den Dänen, doch nach dem Zweiten Weltkrieg verkauft man alle Anteile. 1949 wird das neue Ford Werk im Freihafen von Stockholm fertig, somit entfiel dieser wichtige Markt für die Dänen. Bereits 1946 begann man in Hafen von Helsinki Fords zu bauen.
Seit 1950 konnten in der dänischen Hauptstadt wieder Ford gebaut werden, jedoch erst 1957 wurde die staatliche Kontrolle des Automarkts und die Zuteilung der Fahrzeuge aufgehoben. Durch gesunkene Zölle und Abgaben im innereuropäischen Warenverkehr wurde die Produktion in Dänemark immer unrentabler. Im Juni 1966 wurde die Fabrik der Ford Landwirtschafts-Sparte zugeteilt und produzierte fortan Traktor Zubehör. In den 47 Jahren zuvor hatte man 325.482 Autos gebaut. 1969 wird die Produktion in Dänemark endgültig eingestellt.
Als die Traktoren Fabrik Mitte der 70er Jahre geschlossen wurde, standen Fords Verwaltung und Lager neben dem alten Montagewerk. Das Gebäude beherbergte weiterhin die Verwaltungsbüros und wurde auch als Außenlager genutzt, bis Ford 1991 das Endlager schloss und im selben Jahr die Büros von Sydhavn nach Glostrup verlegten. Das dänische Hauptquartier wechselte Ende 2003 nach Ballerup, wo Ford heute rund 75 Mitarbeiter beschäftigt.
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