Am
27. August 1956 wurde die Gründung
der Special Products Division offiziell bekannt gegeben. Aus der
internen
Bezeichnung „E car“ folgerte die Presse, die neue Marke werde nach
Henry Fords Sohn "Edsel "heißen.
Mitglieder der Ford-Familie waren nicht von der Idee begeistert, den
Namen eines Angehörigen auf Werbeplakaten und Leuchtreklamen zu sehen.
So begann die Suche nach einem wohlklingenden Namen. Intelligent Whale,
Ford Fabergé, Mongoose Civique und Utopian Turtletop wurden von der
Dichterin Marianne Moore vorgeschlagen. Trotz dieser
Mühen wurde man nicht fündig und folgte schließlich doch
dem voreiligen Schluß der Presse.
Eigentlich hatten die Ford-Manager bei
ihrem Projekt an Alles gedacht. Umfangreiche Marktanalysen waren
der Produktion vorausgegangen, und schließlich war man in der
Ford-Vorstandsetage der Ansicht die Zeit für ein noch nie dagewesenes
Automobil sei nun reif. Außerdem befand sich die Ford-Motor-Company
gerade in einer hervorragenden Position: 1954 war es nach vielen Jahren
endlich gelungen Chevrolet von Platz eins der Zulassungsstatistik zu vertreiben.
Und das Auto sollte kein Ersatz für bereits vorhandene Ford-Modelle
sein, sondern mit ihnen in einen gesunden Wettbewerb treten.
Edsel 1958
Man baute unter immensen Kosten eine vollständig
neue Verkaufs- und Kundendienst-Organisation auf. Die Verantwortlichen
blickten zuversichtlich auf dem 4.September 1957, dem Tag, an dem der Edsel
der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollte. Das Werbebudget belief
sich allein für 1957 auf die stattliche Summe von 16 Millionen Dollar.
Die Presse, die den Edsel schon einige Zeit früher zu sehen bekam,
heizte durch Fotos das Interesse zusätzlich an.
Die Devise von Chef-Designer Roy Brown lautete: "Keep on Styling".
Der Technik hatten die Ford-Gewaltigen offensichtlich die geringste Beachtung
geschenkt, was damals freilich kaum jemanden störte. So gaben sich
die Neulinge bieder-konventionell: Ein solider Kastenrahmen, hintere Starrachse
sowie bärenstarke, großvolumige V8-Motoren hießen die
wesentlichen Merkmale.
Wichtiger war das Aussehen. Und gerade hier stießen die am 4. Sept. 1957 in einer live TV-Show mit Bing Crosby und Frank Sinatra präsentierten Edsel Modelle Ranger, Corsair, Pacer und Citation auf zum Teil heftige Ablehnung. Konnte sich ein deutscher Motorjournalist beim Anblick des bei uns zu Preisen zwischen 19.500 und 24.950 DM angebotenen 1958er-Modells nicht den anerkennenden Pfiff durch die Zähne verkneifen, so reagierten amerikanische Frauenverbände empört: Sie fühlten sich beim Anblick des Edsel-Kühlergrills ("horse-collar") an das weibliche Geschlechtsteil erinnert. Andere Kritiker sprachen spöttisch vom "Toilettensitz". Vielleicht hatten die Edsel-Stylisten tatsächlich nicht den Publikumsgeschmack getroffen, denn schon anlässlich der Premiere des neuen Stars war das Interesse weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Designer Roy Brown hatte sein Ziel erreicht, ein Auto zu bauen, das man einen Block entfernt von anderen unterscheiden kann.
Von dem erwarteten Run auf die Edsel-Händler jedenfalls keine Spur. Die Presse, die zuvor dankbar jedes noch so unbedeutende Gerücht aufgegriffen hatte, begann nun, Kleinigkeiten zu kritisieren, z.B. das wegen der Scheibenwischermechanik zu klein geratene Handschuhfach. Lief schon der Verkauf schleppend an, so sorgten die ersten ausgelieferten Fahrzeuge für neuen Zündstoff. Grund war die miserable Verarbeitungsqualität. Die Verantwortlichen brauchten nicht lange um die Ursache dafür zu entdecken: In nicht weniger als fünf verschiedenen Fabriken wurden die Autos zusammengeschustert - als völlige Fremdkörper im geregelten Produktionsablauf. Mangels ausreichender Kapazität streute man in einem genau festgelegten Rhythmus jeweils einen Edsel in die laufende Ford- bzw. Mercury-Fertigung.
Bei Ford reagierte man prompt, denn dass die optimistischen Vorgaben - 1958 hoffte man 200.000 Exemplare absetzen zu können - nicht zu erfüllen waren, leuchtete selbst den Optimisten ein. Man bildete im Januar 1958 die Mercury-Edsel-Lincoln Division. Eine der ersten Maßnahmen dieser neuen Führung betraf die Werbung, auch erfuhr das Edsel-Programm eine radikale Straffung.
Edsel Ranger 1959
Die am 31.Oktober 1958 vorgestellten 1959er Modelle verfügten nun einheitlich über einen Radstand von 3.048mm, Kombi: 2.997 mm und die gleiche Karosserie, die in einigen Punkten retuschiert, immer noch an das Vormodell erinnerte. Es gab nur noch drei Baureihen, die jetzt mit kleineren Motoren ausgerüstet waren. Vor allem aber wurden sämtliche Edsel nun im Werk gefertigt. Damit hoffte man das Qualitätsproblem in den Griff zu bekommen.Vielleicht ließen sich so bessere Verkaufszahlen erzielen als 1958, wo man satt der avisierten 200.000 Stück gerade 68.045 Edsel verkaufen konnte. Ein schwerer Schlag! Der Konkurrenz ging es - ein kleiner Trost - auch nicht besser: Nach einer langen Periode des Aufschwungs brachte das Jahr 1958 der gesamten amerikanischen Autoindustrie verheerende Einbrüche.1959 sollte alles anders werden. Mit den beschriebenen Maßnahmen glaubten die neuen Edsel-Bosse den Grundstein für künftige Erfolge gelegt zu haben. Man versuchte die Zeichen der Zeit richtig zu deuten und gab sich bescheiden: "Edsel economy increases its popularity", verkündete eine zeitgenössische Broschüre, oder "big-car comfort... king-size economy"; und versprach: "Edsel quality cuts maintenance costs". Leider vergeblich! Die Verkaufszahlen sackten weiter so dramatisch ab, dass sich zum Jahresende gerade mal 47.396 Käufer für einen Edsel entschieden hatten. Der Rest war Formsache. Das 1960er-Modell, vorgestellt am 15.Oktober 1959 und nur noch als Ranger und Kombi Villager lieferbar, verzichtete völlig auf den so kontrovers aufgenommenen "horse-collar"-Kühlergrill, womit es gleichzeitig viel von seiner Originalität verlor. Es blieb gerade einen Monat in Produktion: Als am 19. November desselben Jahres die Fertigung eingestellt wurde, waren genau 2.846 Exemplare entstanden.
Mit einem Verlust von über einer halben Milliarde Dollar schloss Ford das Kapitel Edsel ab - es gilt bis heute als größter Flop der Automobilgeschichte.