Doch durch den Ersten Weltkrieg sank der Absatz und die Firma wurde von H.C.L. Sieberg übernommen. 1918 bekam Sieberg einen 3-Jahres Exklusivvertrag als einziger Ford Händler in Holland. Er ernannte Vertreter in allen Provinzen und der Absatz stieg von 300 Autos im Jahr 1919 auf 900 im Jahr darauf. Ab 1922 standen auch die Modelle von Lincoln, englische Ford und Traktoren im Programm. Selbst die Ford Trimotor Flugzeuge werden angeboten. Die Niederlande gehörten nun zur Verantwortung von Ford Antwerpen in Belgien.
1924
wurden
die Aktivitäten im Ausland
neu organisiert. Bis dahin mussten die holländischen Händler
ihre Fahrzeuge zeitaufwändig selbst in Antwerpen abholen. Die Belgier
beschwerten sich im Gegenzug, daß viele Fahrzeuge nicht pünktlich
abgeholt wurden. Die am 6. März 1924 gegründete Ford Motor Company of
Holland N.V. hatte zum Start 55 Beschäftigte und ihren Sitz zunächst in
einem Rotterdamer Hotel. Man mietete ein leerstehendes
Fabrikgebäude
in der Van Helmontstraat auf fünf Jahre an, wo Autos ausgestellt und
gewartet werden konnten.
Die Ford wurden auf Leichtern von Antwerpen
nach Rotterdam auf dem Wasserweg verschickt und im Keilehaven nahe des
Gebäudes entladen. Jedes Boot hatte eine Kapazität von 60 bis
zu 125 Fahrzeugen, die LKW
standen an Deck.
Ford
Rotterdam
war damals nicht mehr als
ein Verkaufsbüro mit ca. 50 - 80 Angestellten. Dennoch war man recht
erfolgreich: 1928 betrug der Marktanteil rund 40 % - wohl auch weil es
kaum Konkurrenten und heimische Hersteller gab.
Vier Jahre später belegte Ford bei der ersten offiziellen Zählung des
Fahrzeugbestands in den Niederlanden mit 12.336 Autos den ersten Platz
unter den Herstellern.
1928 wurde die Firma in die NV Nederlandsche
Ford Automobiel Fabriek umgewandelt. Ford England hält einen
Mehrheitsanteil
von 60 Prozent der Aktien. Man entschied sich auch eine eigene
Fertigung
aufzubauen und suchte ein geeignetes Gelände
in Rotterdam, die Stadt bot jedoch nur Flächen zur Miete an. Das
gleiche
Problem stellte sich in Amsterdam. Nach langwierigen Verhandlungen
erwarb
man schließlich ein Gelände gegenüber den angemieteten
Gebäude in Rotterdam, das jedoch keinen Anschluss an Wasserstraßen
hatte. Ende 1929 begannen die Bauarbeiten. Das Werk war komplett in USA
entworfen worden und weil Henry Ford schon zur Grundsteinlegung im Werk
Köln nach Europa reiste lud man ihn auch nach Rotterdam ein.
Sein Besuch am 3./4. Oktober 1930 erregte
großes Medieninteresse. Vor Ort fragte er verwundert wo denn der
Hafen sein, waren doch alle anderen Ford Werke direkt am Wasser
gelegen.
Einige Quellen berichten sogar, daß Ford selbst sich weigerte
Rotterdam
zu besuchen, weil ihm dort ein am Meer gelegenes Gelände
verweigert
wurde. Tatsache ist jedoch, daß die Grundsteinlegung nie
stattfand.
Henry Ford selbst äußerte sich nie zu den
Hintergründen.
Seine Enttäuschung scheint um so verständlicher, konnte er
doch
bei einer Bootsfahrt auf der Maas die direkt am Wasser gelegenen
Werften
und die Ölanlagen von Shell sehen. Ford lehnte also jegliche
Investitionen
in Rotterdam ab. Schließlich verkaufte dann doch die Stadt
Amsterdam
gegen ihre Prinzipien ein Areal im Westhafen nahe der Hem Brücke.
Überzeugt haben die Stadtväter wohl die 1.500
Arbeitsplätze, ein wichtiges
Argument in der damaligen Wirtschaftskrise. So zierte holländische
Ford Modelle damals auch eine Plakette am Kühlergrill, die auf den
Kampf gegen die Arbeitslosigkeit hinwies.
Die Räumlichkeiten in Rotterdam wurden verlassen, nur ein Teil blieb als Ausstellungsraum für den dortigen Händler erhalten. Die Straße heißt jedoch bis heute "Henry Ford Straat".
Ford Werk Amsterdam
Im Oktober 1931 wurden in Amsterdam die ersten Pfeiler in die Boden gerammt und schon im September 1932 begann die Produktion. Zuerst bestand noch kein direkter Wasseranschluss, die aus England und den USA angelieferten Kisten wurden an einem Kai in der Nähe entladen. Das Werk bestand aus eine zweistöckigen Halle mit anliegenden Büros. Die Karosserien wurden zusammengeschweißt, geschliffen, lackiert und dann wurden Fenster und Türen montiert. Danach wurde im Erdgeschoss der Aufbau auf das Fahrgestell gesetzt. Bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs liefen dort täglich Autos vom Band, darunter auch das Ford A-Modell.
zweiter Preis in seiner
Klasse für dieses Ford V8 "Cabriolet-de-Grand-Luxe"
Selbst bei den Schönheitswettbewerben im Seebad Zandvoort können die eleganten Ford V8 einige Erfolge erringen. Prinz Bernhard fuhr Ford V8, verunglückte 1937 bei Diemen schwer mit seinem Cabriolet.
Vor 1940 konnten rund 3.000 Autos im Jahre gebaut werden, 1950 schon 5.000 und 1965 sogar 25.000. Dabei stieg die Anzahl der Mitarbeiter von 300 im Jahr 1932 auf 1.300 1965.
Die Arbeit am Band war hart und es wurde viel Wert auf Disziplin gelegt, doch Ford zahlte gut. Trotz der Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahre lief der Absatz bis Kriegsausbruch recht gut. Vor allem mit dem kleinen Modell-Y gelang es viele ehemalige Motorradfahrer als Kunden zu gewinnen. Dennoch sank der Marktanteil, obwohl die amerikanischen Autohersteller die niederländischen Markt immer noch dominierten.
Im
Krieg
ging die Fertigung weiter. Der
deutsche Robert H. Schmidt, Generaldirektor der Ford Werke
Köln,
wurde im Juni 1940 als Verwalter eingesetzt. Die Lieferungen aus USA
und
England wurden natürlich eingestellt, man konzentrierte sich fortan
auf Montage und Wartung Kölner Ford LKW.
Kurz
vor Kriegsende wurden noch etliche Maschinen nach Köln deportiert,
aber schon 1946 wieder zurückgegeben.
Ansonsten blieb das Werk unbeschädigt.
Wohl auch weil die Alliierten englische und amerikanische Einrichtungen
nicht bombardieren wollten.
Wenig bekannt ist, daß die ersten
DAF (Van Doorne Automobiefabriek) auf Ford LKW Chassis
als offener Kübelwagen (pantserafweergeschut "PAK trekker") und auch mit
DAFs
patentierter
Trado-Achse basierten.
Schon
am
27. Mai 1947 verließ der
erste Nachkriegs V8 das Werk Amsterdam. Man kämpfte jedoch immer noch
mit Lieferengpässen. Die Rationierung von PKW (mit Ausnahme von Taxen)
zwang sogar zu einem mehrmonatigen Produktionstop. Man nützte die
Zeit für eine Renovierung. Mit dem Erlös aus dem Verkauf des Geländes
in Rotterdam erweiterte man die Gebäude um ein Teilelager.
Der holländische Markt brauchte dringend
Neuwagen. Ford lieferte sowohl deutsche, französische, englische als
auch amerikanische
Modelle. Rund 200 Händler verkauften PKW, LKW und
Traktoren. Dennoch konnte man den Bedarf nicht decken,
was auch auf veraltete Anlagen in Amsterdam zurückzuführen ist.
So wurde 1955 das Werk erneut komplett modernisiert. Nun verließen
Zephyr, Consul, Prefect,
Anglia, Taunus 12M,
Taunus
15M
und LKW die Hallen. Zudem wurden Kölner Ford Modelle auf
Rechtslenkung für den Export in Commonwealth-Länder wie z.B. Süd-Afrika
umgerüstet. Die
Produktion amerikanischer PKW wurde ab
1955 eingestellt, nur US-LKW wurden noch montiert. Erst nach einer
erneuten
Erweiterung im Jahr 1965 kamen bis 1967 wieder Galaxie,
Fairlane, Mercury Comet
und Mustang aus
Amsterdam. Ab 1967 hauptsächlich
Cortina Deluxe für den
englischen Markt.
Nun wurden Arbeitskräfte knapp. 1962 wurden erste Gastarbeiter aus Spanien eingestellt, später auch aus Marokko und der Türkei. Die Eingliederung gestaltet sich nicht ganz unproblematisch. Noch im gleichen Jahr legten die Spanier kurzzeitig die Arbeit nieder, zwei Jahre später kam es zu einem dreitägigen Streik.
Trotz
der
Verkaufserfolge machten Gerüchte
um eine Schließung ab 1967 die Runde. Mit Gründung von Ford
Europa blieb kein Platz für Amsterdam. Das Werk wurde mehr und mehr
zu einer "Puffer"-Fabrik. Escort, Taunus und N-Serie
wurden in kleinen Stückzahlen mit Verlust montiert, ab 1978 nur noch
Nutzfahrzeuge wie Transcontinental und Transit.
1971 bemühte man sich um eine Motorenfertigung,
doch das Geschäft ging an die Engländer.
Der Anteil von Gastarbeitern in der Fertigung
lag 1973 bereits bei 45 Prozent, die Zusammenarbeit mit den
Einheimischen
gestaltet sich zunehmend schwieriger. Die Gewerkschaften bemühten sich
um eine Lösung der Konflikte, doch im September 1977 kam es erneut
zum Streik. Die Fluktuation der Mitarbeiter und der Krankenstand waren
hoch.
Deutsche Ford wurden mittlerweile beliebter als
die englischen Modelle, die Produktionsanlagen in Amsterdam waren
jedoch besser für die PKW von
der Insel gerüstet. Anders verhielt es sich bei den Nutzfahrzeugen.
Eine interne Studie hatte bereits 1967 belegt, daß Amsterdam günstiger
fertigte als die Werke in Frankreich oder Deutschland.
Ford Transcontinental
neben einem Escort auf dem Prüfgelände im belgischen Lommel
Auch
der
neue schwere H-Serie LKW Transcontinental
sollte in Amsterdam gebaut werden, erfüllte jedoch bei weitem nicht
die Erwartungen.
Zudem wurde 1978 die PKW Produktion komplett
eingestellt und Kurzarbeit angeordnet. Das Werk war nur noch zu 40%
ausgelastet.
Am 28. August 1979 wurde der Betriebsrat über die prekäre finanzielle
Situation informiert. Ab September 1980 machte wieder Gerüchte um
eine Werksschließung die Runde und nur ein Kredit von Ford USA hat
dies wohl verhindert.
Ein interner Bericht nennt für jeden
gebauten Transcontinental einen Verlust von 23.315 Gulden und 1.356 für
jeden Transit. Das Management präsentierte im April
1981 folgenden Plan: Stop der Fertigung von Transcontinental und
Transit
ab September, Reduzierung der Mitarbeiter um 1.325 auf insg. 1.650,
Beibehaltung
von Verkauf und Service, jedoch Verkauf der Anlagen und Umzug in neue
Bürogebäude.
Zwei Tage später wurde das Werk überraschend
von Gewerkschaftsmitgliedern besetzt. Verhandlungen über die Zukunft
des Werks begannen und führten zu einer Einigung. Die Werksschließung
wurde verschoben. Dennoch wurden die Gebäude kurze Zeit später
erneut besetzt. Das Management zog vor Gericht und wollte die Besetzung
als rechtswidrig erklären lassen, im Gegenzug klagten die
Gewerkschafter
die Führung der Misswirtschaft an. Im Juli 1981 wurde das Urteil
verkündet:
Ford musste alle Pläne zur Schließung einstellen, die Gewerkschaften
haben die Belagerung des Werks sofort aufzugeben.
Ford suchte
nach Alternativen für
Amsterdam, doch die Streiks und der Rechtsstreit haben die Verluste nur
noch mehr in die Höhe getrieben. Gleichzeitig ging man in Berufung
und bekam Recht. Die Schließung war nun nicht mehr aufzuhalten und
sogar der Verkauf stand auf dem Spiel. Im November 1981 verließ der
letzte
Transit das Werk vor der Schließung.
Wie beabsichtigt zog Ford in ein neues
Bürogebäude am Amsteldijk um, die Belegschaft sank auf nur noch
240 Mitarbeiter.Ford Niederlande blieb jedoch als nationale
Vertriebsorganisation mit einem ausgedehnten Netz von Händlern und
Servicepartnern im ganzen Land aktiv.
[<< Ford Belgien] | [Home] | [Gatford / Gatso >>]