Endlich
Mai und
Italien, darauf habe ich 50 Jahre lang gewartet! Extra dafür wurde mein
Fahrwerk optimiert, ich bekam einen Zusatzlüfter und eine neue Mütze,
und sogar meine Sitzflächen (dabei wäre ich fast rot geworden..) wurden
erneuert!
Trotz viel Regen in der Vorhersage durfte ich bequem auf
einem Trailer
an den Gardasee reisen, dort traf ich noch ein paar nette Kumpels aus
Schweden, Deutschland, Italien, sogar ein Japaner hatte sich
eingefunden. Leider war der versprochene Freund aus England nicht
dabei! Am nächsten Morgen schien dann auch wie bestellt die Sonne, und
los ging’s Richtung Brescia. Mitten im Zentrum durfte ich parken, rund
um mich herum lauter alte und teilweise sehr alte Vertreter meiner
Gattung. Viele von denen waren von adligem Geblüt und konnten
Geschichten von Rennen in alten Zeiten erzählen, da staunte ich! Es war
ein Kommen und Fahren, immer mehr trafen ein, bellten aus vollen Rohren
kurz einen Gruß, markierten den Platz mit ein paar schwarzen Flecken
und fuhren wieder los. Für meine Freunde und mich hieß es auch bald
„auf geht’s“, und wir fuhren zunächst Richtung Süden.
Den ersten Stop machten wir auf einem Gelände, das sehr nach
Käse roch.
Der Chef vom Gelände hatte jedoch nicht nur Käse im Kopf, sondern auch
ein Herz für italienische Freunde meiner Gattung, so war hier die
ehemalige Werkssammlung von Maserati versteckt! In einer der Hallen
standen sie, schön aufgereiht auf gefliestem Boden, von manchen hatte
ich noch nicht mal etwas gehört, so selten waren sie! Und im zweiten
Stock drängelten sich noch eine ganze Menge von zweirädrigen Freunden
aus dem Stiefelland, wenn etwas mehr Zeit gewesen wäre, hätte ich
sicher mit einer schönen Italienerin in’s Gespräch kommen können…
Doch San Marino rief, und so nutzen der Japaner, der Freund
aus
Zuffenhausen und ich die linke Spur, um den Italienern mal zu zeigen,
dass auch altes Eisen ganz links fahren kann!
Im kleinen Stadtstaat angekommen, durften wir uns abkühlen, dabei habe
ich wohl auch ein paar schwarze Tropfen verloren, während unsere Lenker
sich auf die Burg chauffieren ließen und dort wahrscheinlich nicht nur
gut gegessen, sondern auch andere Sachen zu sich genommen haben. Es
hörte sich jedenfalls sehr lustig an, als alle bei der Ankunft im Hotel
aus dem Bus stiegen!
Am nächsten Morgen war wieder das erhoffte gute
Wetter, ohne
Mütze und mit viel guter Laune ging es zunächst auf die Burg, wo wir
die Ankunft des Mille-Miglia-Trosses erwarteten. Hei, wie die
schnauften und brüllten, als sie den Berg erklommen! Oben erwarteten
sie eine große Menge an Schaulustigen, von denen viele ganz entrückt
aussahen ob so viel alten Eisens auf einem Haufen! Ich versuchte schon
vergeblich, mich meiner Handbremse zu entledigen um endlich die Toskana
zu erobern, als es dann wirklich losging: Zusammen mit Hunderten von
Gleichgesinnten ging es durch Kurve um Kurve, über Berge und Täler und
durch herrliche Schluchten mit viel Lärm darum, möglichst viel (Benzin)
zu trinken und Gummi auf die Straßen zu reiben. Das gelang uns dann,
zur Freude aller, die an den Straßen standen, mit Fähnchen winkten und
sich, genauso wie wir, an der Mille Miglia 2010 erfreuten. Immer wieder
traf man sich, erzählte kurz von denem und jenem, trank ein Gläschen
Sekt, und weiter ging es! Leider küsste unser kleiner Italiener seine
Bekannte aus Köln etwas unsanft in das Hinterteil, sodass wir eine
Pause für die ärztliche Versorgung einlegen mussten. Das fähige
OP-Personal schaffte es jedoch, den Italiener wieder zum
Geradeauslaufen zu bewegen, und weiter ging es, Richtung Siena, da der
Weg bis Rom zu weit war. Ein zweites Mal mussten wir anhalten, als uns
so ein Jungspund aus Wolfsburg überholte und dabei eine Felsbrocken
übersah: Es knallte heftig, zwei Reifen platzten, und die Kölnerin
benötige jetzt noch ein Pflaster mehr. So waren wir dann froh, später
am Abend endlich in unserer Unterkunft anzukommen. Dort warteten die
anderen schon auf uns, während wir auf bequemen Stellplätzen die
Aussicht in die Olivenhaine genossen, hörten wir drinnen lustige
Stimmen und Gläserklingen…
Samstag schien dann wieder die Sonne (wie übrigens fast immer
in diesen
Tagen!), und früh ging es wieder los, denn man hörte schon dass Donnern
der Kameraden, die ab 6 Uhr in Rom gestartet waren und
Richtung
Norden eilten. Einige sahen mittlerweile nicht mehr so sauber aus wie
in Brescia, aber die Fahrer/-innen hatten (fast) alle so ein
glückliches Lächeln im Gesicht! Was die wohl erlebt hatten? Aber wenn
ich mich umsah, hatten auch unsere Fahrer/-innen das gleiche Lächeln.
Muss wohl an der Sonne, dem Benzingeruch, vielleicht auch an Italien,
dem Wein, gelegen haben, oder ist es das „Mille-Lächeln“?
Nachdem Käse, Brot und Wein eingekauft war und wir auch noch
etwas
Benzin zu trinken bekamen, genossen wir gemeinschaftlich die Strecke.
Der kleine Italiener fand sogar noch einen weißen und einen blauen
Bruder! Und dann, endlich der Futa-Pass. Da war was los! Unmengen von
Zuschauern säumten die Serpentinen, und die Teilnehmer gaben sich
wirklich Mühe, all ihr Können zu zeigen! Nachdem der letzte Sekt seinen
Weg gefunden hatte, ritten wir gemütlich zurück zum Gardasee, wo wir
uns am Abend noch viel zu erzählen hatten. Nicht nur wir, auch im Haus
hörte man noch lange fröhliche Stimmen!
Sonntag morgen fiel uns der Abschied sehr schwer, und alle versprachen
sich ein baldiges Wiedersehen, um die Mille 2011 zu planen!
Thorsten R.