Ford Karosserieschneider (Teil 15) – Coleman Milne
Coleman Milne Firmenlogo

Der englische Karosseriebetrieb Coleman – Milne wurde am 30. Juli 1953 von Roderick Milne und seinem Geschäftspartner John Coleman gegründet. Ursprünglich konzentrierte man sich auf den Bau von Pferdetransportern, stieg jedoch bald in das Geschäft von verlängerten Limousinen und Bestattungsfahrzeugen ein.
Die Nachfrage nach diesen Fahrzeugen stieg rapide an, 1977 mußte man in ein größeres Gebäude nach Westboughton umziehen. Als Basis für die Umbauten dienten u.a. Daimler, Jaguar, Humber und Rolls-Royce Limousinen.
Umbau eines Jaguar DS420
Umbau eines Jaguar DS420

Die repräsentativen Daimler DS420 und Jaguar Mark VIII-IX galten jahrelang als die britischen Bestattungsfahrzeuge schlechthin. Diesen Ruf hat der DS420 nicht erst seit der Beisetzung Lady Dianas. Viele Firmen stellten bis in die 80er Jahre hinein ihre jeweils eigene Version her, wobei es Jaguar Chef William Lyons sehr ungern sah, wenn Aufbauten für seine Fahrzeuge andernorts entstanden.

Granada 1983 Innenansicht mit Notsitzen

Die Kunden müssen in ihren Umbauten auf keinerlei Luxus verzichten. Schon für die Granada "Windsor" Umbauten aus den 70er Jahren konnte man auf der Aufpreisliste Fernseher, Autotelefon, klappbare Notsitze, Bord-Bar, eine elektrisch betätigte Trennscheibe oder eine Klimaanlage ankreuzen.
1981 übernahm die Hawley-Gruppe Coleman-Milne, zusammen mit Henlys bildete man dort die Automobilsparte, die wiederum bald in ADT umgetauft wurde. Zwei Jahre später kam es zur Fusion von Coleman-Milne mit dem seit 1820 bestehenden Karosseriebauer Woodall Nicholson aus Halifax. Diese Zusammenarbeit dauert bis heute an.

Dorchester Prospekt


Die meisten Umbauten basieren auf Ford Modellen, allen voran Granada bzw. Scorpio – wo das "CM"-Emblem die Ford Pflaume im Kühlergrill ersetzt. Ford arbeitet eng mit Coleman-Milne zusammen und liefert schon vor Serienanlauf Zeichnungen und sogar Karossen an den Karosseriebetrieb.

Granada II
Der "Cardinal" Leichenwagen auf Granada bzw. später Scorpio Basis kann als Besonderheit zwei Särge transportieren. Weiterhin stellt CM sog. "Follow Cars" her, die stets auf den gleichen Fahrzeugen basieren, wie die Leichenwagen. So ist eine einheitliche Optik im Trauerzug gegeben und die Zusammengehörigkeit des Verstorbenen mit den Hinterbliebenen im Begleitfahrzeug erkennbar. Auch Kleintransporter der Typen Ford Transit, Mercedes Vito, VW Transporter, Renault und Vauxhall/Opel werden von der CM-Firmengruppe zu Leichenwagen umgerüstet.


Ford Typenvielfalt

Bei den Ford Limousinen konnten Coleman-Milnes Kunden zwischen drei Umbauten wählen:
Der fünftürige 4,7 m lange Minster mit Schrägheck, und Dorchester bzw. Grosvenor mit vier oder sechs Türen, höherem Dach sowie 5,5 m Länge. Der Dorchester war primär als Fahrzeug für Hochzeiten und Personentransporte gedacht, der deutlich besser ausgestattete Grosvenor mit Trennscheibe, höherwertigen Polstermaterialien, mehr Chrom und getrennt regelbarer Stereo- und Klimaanlage dagegen für Prominente. Meist kamen natürlich die starken V6 mit Automatikgetriebe zum Einsatz, Sparfüchse konnten aber auch den Zweiliter Benziner mit Schaltgetriebe ordern. Auf Grund des höheren Gewichts war die Niveauregulierung jedoch stets obligatorisch. In den Jahren 1971/72 entstanden sogar rund ein Dutzend Granada Coupé als Grosvenor Limousine. Auch Granada II Turnier wurden als Windsor verlängert.

Königin Beatrix
Zu den prominentesten Granada und Scorpio Besitzern gehörte mit Sicherheit das holländische Königshaus. Auch niederländische Minister durften die Beinfreiheit im verlängerten Heck ihrer Dienstwagen genießen.


Rover
Konkurrent Rover wollte natürlich selbst eine verlängerte Limousine im Portfolio haben. Analysen zeigten schnell, daß es unwirtschaftlich wäre diese Version werksseitig anzubieten. Nach dem Auslauf der Daimler 420 waren bei Coleman-Milne Kapazitäten frei, die für den um rund einen Meter verlängerten Rover Vanden Plas, Austin Montego "Warwick" und später den Rover Sterling genutzt wurden. So ein Umbau dauert rund drei bis vier Monate. Das Spenderfahrzeug wird dazu auf einen speziellen Rahmen montiert, sorgfältig getrennt und die zwei Hälften auseinander gefahren. Die Lücke wird dann mit eingepaßten Blech und GfK-Teilen geschlossen. Im Gegensatz zu vielen anderen Karosseriebetrieben genießt die Arbeit von Coleman-Milne einen guten Ruf, von außen ist der Umbau kaum als solcher zu erkennen und wirkt sehr harmonisch. Unüblich ist, daß alle anfallenden Arbeiten wie elektrische Umbauten, Polster- und Schreinerarbeiten und sogar die Lackierung im eigenen Hause durchgeführt werden. Nur ein paar Blechpreßteile werden zugeliefert.

Ford Falcon vor dem Firmengebäude
Mit Einstellung des Ford Scorpio hatte man in Westboughton ein Problem, denn einen richtigen Nachfolger mit Heckantrieb gab es ja nicht. CM importiert seitdem australische Ford Falcon und Fairlane und baut diese zu Stretchlimos, Leichenwagen und Begleitfahrzeugen um.

Mercedes Leichenwagen
Als neuer Partner füllt zudem Mercedes die Lücke. Schon seit den frühen 90er Jahre baut Coleman-Milne Leichenwagen, die auf der Insel über das Mercedes-Benz Händlernetz vertrieben werden. Bis heute entstanden mehr als vierhundert E-Klasse Mercedes Leichenwagen und Stretchlimousinen.

Seltener dagegen sind SAAB Limousinen, deren Frontantrieb für solche Fahrzeuge recht ungewöhnlich ist. Umbauten auf aktueller Jaguar/Daimler-Sovereign und Rolls-Royce Basis sind auch bekannt.
Kunde sind seit 1998 die englischen Polizei- und Rettungskräfte. Neben Krankenwagen, "grünen Minnas" und Streifenwagen bilden gepanzerte Fahrzeuge einen weiteren expandierenden Geschäftszweig.

Zum 50. Geburtstag im Jahr 2003 freute sich der größte Leichenwagen Hersteller auf der Insel über seinen bisher größten Auftrag: Eine Bestatterkette bestellt 26 Fahrzeuge im Gegenwert von 1,4 Millionen Pfund, also rund 80.000 Euro pro Fahrzeug.

tm


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