Ford V8 mit Hebmüller Karosserie
Henry Ford sah sich 1929 in arger Bedrängnis: Sein Konkurrent Chevrolet hatte gerade den „International Six“ lanciert, einen Wagen mit 3,2-Liter-Reihensechszylinder-Motor - was kurzfristig das Aus für das Modell A bedeutete. Ford musste zwangsläufig nachziehen - und entwickelte die für ihn einzig denkbare Lösung: einen V8. Ein Sechszylinder kam nicht in Frage - es galt, die Konkurrenz zu überbieten. Außerdem gab es da noch den Schwur, nach dem Debakel mit dem Modell K nie mehr einen solchen Motor zu konstruieren.
In relativ knapper Entwicklungszeit - man
spricht von weniger als einem Jahr - hatte Henry Ford das Unmögliche
geschafft und einen V8-Block (im Winkel von 90 Grad) aus einem Guss hergestellt;
bis dahin wurden Kurbelgehäuse und die zwei Zylinderbänke noch
separat gegossen. Im April 1932 präsentierte Ford endlich diesen technischen
Leckerbissen in einem modifizierten A-Modell, dem Typ 18 (identisch mit
dem Modell B mit 4-Zylinder-Motor), obwohl das Fahrgestell mit den Leistungen
des zunächst 70 PS starken V8-Aggregats überfordert war.
Die charakteristischen, flach konstruierten
Zylinderköpfe des 3,6-Liter-Triebwerks hatten dem Motor bald darauf
seinen Namen gegeben: Flathead. Leider mussten die Konstrukteure der hastigen
Entwicklung des Motors anfangs ihren Tribut zollen: Aluminiumkolben brachen,
Lagerschalen lösten sich auf, sogar Risse im Block traten auf; die
Überhitzung war ein weiteres Problem, das erst viel später gelöst
werden sollte.
Zwischen 14 verschiedenen Karosserievarianten
konnte der Kunde wählen. Ein 21-seitiger Verkaufsprospekt half dem
potentiellen Käufer, sich für den richtigen Typ zu entscheiden.
Die Modellpalette beschränkte sich
auf zwei- und viertürige Grundmodelle; die zweitürige Version
hieß „Tudor“ und war als „Three“- oder „Five Window“ erhältlich.
Die gleiche Bezeichnung erhielten die Coupés - ohne den Zusatz „Tudor“.
Den Viertürer gab es sinngemäß als ,,Fordor“, Roadster
und Convertible bildeten die Sportversionen, und für Praktiker wurde
der Station Wagon offeriert.
Das ,,DeLuxe“-Paket wertete alle Versionen
- außer den Kombi - auf. Hatte sich der interessierte Käufer
beispielsweise entschlossen, den „DeLuxe three window“ zu erwerben, so
musste er 540 Dollar auf den Verkaufstisch blättern. Und er konnte
sich seiner V8-Wahl sicher sein, denn er hatte - gemäß
dem Werbeslogan - einen großartigen neuen Wagen erstanden.
Trotzdem stand schon im Februar 1933 das
Nachfolgemodell bereit: der Typ 40. Dieser Wagen verfügte über
ein besseres Fahrwerk mit Kreuztraversen im Rahmen und hatte einen längeren Radstand.
Der Kühlergrill war nun leicht nach
hinten geneigt und verjüngte sich nach unten hin; die seitlichen Luftschlitze
wiesen den gleichen Neigungsgrad auf. Ford bewies in
einer spektakulären 10.000-Meilen-Fahrt die Ausdauer und den geringen
Durst des neuen V8: knapp 17 Liter pro 100 Kilometer.
Eine leichte, zweisitzige Sportversion gewann sogar das 203-Meilen-Rennen
„Elgin Road“ - mit 166 km/h Höchstgeschwindigkeit auf den Geraden.
Mitte der 30er Jahre wurde das
Automobildesign immer mehr von der Aerodynamik bestimmt. Zudem sollten
die neuen Modelle mehr Komfort für die Insassen bieten.
Chassis-Entwickler Gene Farkas hatte Angst Ford könnte den
Anschluß verpassen, auch Edsel Ford zeigte am Beispiel des Chrysler
Airflow die Vorzüge des neuen Designs. So wurde schon für das 1935
Modelljahr der Motor im V8 rund zehn Zentimeter weiter vorne platziert.
Bis auf kleinere kosmetische Retuschen
glichen die nachfolgenden Modelle bis 1936 dem Entwurf von 1933. Was sich
jährlich änderte, war der Grill, der 1934 einen breiteren Chromrand
zeigte (ähnlich dem deutschen „Köln“), 1935 vierfach quer verrippt
war und 1936 im unteren Bereich verändert wurde. Die seitlichen Schlitze
der Motorabdeckung verliefen ab 1935 horizontal.
Der Schwerpunkt konnte abgesenkt werden,
eine tiefere Sitzposition ermöglicht mehr Kopf- und Beinfreiheit. Die
Karossen wurden flacher und breiter. Aber nicht nur der Airflow beeinflusste die Formgebung der neuen Ford Modelle. John Tjaarda,
Chef-Stilist beim Ford Karosserielieferanten Briggs, arbeitete bereits
am futuristischen Lincoln Zephyr. Einer seiner Mitarbeiter, Phil
Wright, entwarf für Pierce-Arrow den "Silver Arrow" und durfte für Ford
das 1935er Modell gestalten - der letzte Entwurf, den Ford komplett
Briggs anvertraute. Die Streiks bei Briggs 1933 hatten Henry Ford
verstimmt.
Der Typ 48 wurde 1935 eingeführt; es gab nun auch eine „Touring“-Version des Ford Sedan. Zeitgenossen nannten ihn liebevoll ,,flatback“. Das 36er Modell wurde durch den „DeLuxe Sedan Delivery“ (Kastenwagen) und die altbewährten ,,rumble seat“-Versionen - Coupés, Cabriolets und Roadster mit auf Wunsch lieferbarem Notsitz („Schwiegermuttersitz“) - ergänzt. Mittlerweile hatten über zwei Millionen Ford mit Flathead-Triebwerken die Produktionshallen verlassen.
Übersicht der amerik. Modelljahre und Typen - die deutschen, englischen und französischen Versionen unterschieden sich im Detail
Erich Petzold aus Köln statuierte im Jahr 1936 ein Exempel. Er lud drei Mitfahrer in seinen V8, der es inzwischen auf 90 serienmäßige PS gebracht hatte, und jagte mit ihnen über die Reichsautobahn Frankfurt - Bruchsal drei Mal hin und zurück. Da kamen 652 Kilometer zusammen, die er mit einem 130er-Schnitt abspulte, wobei sich herausstellte, daß der V8 es auf 142 km/h Spitze zu bringen vermochte. Das war die bisher höchste erzielte Reisegeschwindigkeit und Autobahnfestigkeit eines in Deutschland gebauten Tourenwagens. Es war ein Wert, der in jenen Tagen noch nicht einmal von einem Reihenachtzylinder Horch erreicht wurde. Der war drei Mal so teuer wie der Ford und mußte schon bei 120 km/h passen. Seit 1935 wurden die V8 Motoren auch in Köln und Dagenham (GB) gebaut, unterschieden sich aber zeitlebens in Details und Nebenaggregaten von ihren amerikanischen Vorbildern. Auch bei den Karosserien gab es durchaus regionale Unterschiede, wie den deutschen "Spezial" mit Ambi-Budd Ganzstahlkarosserie. Bei den Pkw-Verkäufen und im Export standen die Kölner jeweils auf Rang drei - der "V8" hielt in der Hubraumklasse zwischen drei und vier Liter einen Marktanteil von fast 32 Prozent.
Das 1936er Modell sah schon deutlich moderner aus. Bei der Frontgestaltung ähnlich einem Schiffsbug zeigt sich die Liebe des Chef-Stilisten Bob Gregorie zur Seefahrt. Damals war das Team für die Formgestaltung noch recht überschaubar: Gegorie berichtete direkt an Edsel Ford und lies sich von Tjaarda inspirieren, Holden "Bob" Koto bei Briggs setzte deren Ideen in Blech um. Dabei waren z.B. die neuen Radkappen gar kein Styling-Gag, sondern einfach ein Mittel ungefederte Massen einzusparen.
1937 besaß der V8 das Aussehen, wie wir es vom späten Eifel her kennen. Das Vorbild für das neue Facelifting kam aus eigenem Hause: Lincoln Zephyr. Dach und Frontscheibe des amerik. 37er V8 bekamen eine neue Form, die Hauptscheinwerfer waren in die Kotflügel gewandert, und die Alligator Motorhaube konnte in einem Stück geöffnet werden; das Ersatzrrad wurde im Kofferraum deponiert, die Hupen waren abgedeckt und die Batterie lag wartungsfreundlich im Motorraum. Überhaupt wies das 37er Modell viele technische und stilistische Verbesserungen gegenüber dem Vorgängertyp auf. Außerdem konnte der Kunde seinen V8 jetzt individueller gestalten: sogenannte „options“ verhalfen ihm zum „streamlined car“ mit persönlicher Note. Das „Club Coupé“ gab sein Debüt.
1938 bildeten die seitlichen Lüftungsschlitze des Standard eine Einheit mit dem Grill, der bei allen DeLuxe-Versionen jetzt V-förmig unterteilten Zierrat aufwies, außerdem zeigte sich der V8 Sedan nunmehr mit charakteristischem Buckel (hump-back). Das 39er Modell musste sich abermals einer Gesichtsoperation unterwerfen; diesmal hielt das Ergebnis bis 1941. Abermals wurde die Palette ergänzt: „Standard Coupé“ und „Super DeLuxe Sedan“ hießen die Neuen; das „Businessman’s Coupé“ gab es ab 1940. Ein „DeLuxe Fordor Sedan“ kostete jetzt 790 Dollar. Die symbolträchtige Modellbezeichnung „Ford V8“ hatte allerdings weichen müssen.
Die
französische Ford-Tochter schuf in den 30ern eine kurzlebige
Allianz mit dem Unternehmen Mathis aus Straßburg. Bei Ford baute
man eine Serie des Matford V8,
für die ein kleinerer 2,2-Liter V8-Motor mit der Bezeichnung
"Alsace" (= Elsass) entwickelt wurde (dieser wurde später auch in
einigen britischen Modellen verwendet). In Dänemark wurde er als "V8 Royale" angeboten. Diese Karosserie wurde
für den englischen Ford V8 Pilot mit
einem prägnanteren Kühlergrill und einer auffallenderen Haube
ausgestattet. Er war das erste neue Modell von Ford Britain nach dem
Zweiten Weltkrieg. Er sollte ursprünglich mit einer neuen
2,5-Liter V8-Maschine ausgestattet werden, doch auf Grund von Problemen
bei der Entwicklung wurde stattdessen das bewährte 3,6-Liter
V8-Triebwerk eingebaut.
Allein in Köln fertigte Ford von 1936 bis 1941 über 7.000 V8-Viertürer „Standard“ und
„Spezial“. Insgesamt liefen am Rhein knapp 18.000 V8-Fahrzeuge vom Band.
Doch auch Moden bestimmten damals schon
das Automobil-Design. Ende der 30er entwickelten sich in den USA Ford
"Woody" Kombis mit Holzaufbau zu einem echten Statussymbol. Farmer nutzten sie
nicht mehr nur um Personen und Gerätschaften zu transportieren,
sie hatte den Sprung von Nutzfahrzeug zum PKW geschafft. Murray baute
für Ford einen Großteil dieser qualitativ nicht immer
überzeugenden Aufbauten, bis Ford im riesigen Rouge River
Industriekomplex ein großes Preßwerk eröffnete, in dem
fortan alle Karosserien selbst hergestellt werden sollten.
Im letzten Friedensjahr für die USA war die Konkurrenz groß,
die neuen Standard und Deluxe Ford Modelle buhlten neben den Mercury
und Lincoln auf der Weltausstellung in New York um die Gunst der
Kunden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg griff man bei Ford USA auf das Aussehen des 42er Jahrgangs zurück und behielt es - kleinere Änderungen und Facelifts ausgenommen - bis 1948 bei. In diesem Jahr debütierte die erste Ford-Neukonstruktion nach dem Zweiten Weltkrieg - mit mächtigem Chromornament im Grill und dem altbekannten Flathead dahinter. Neu waren auch die Modellreihen, die bis 1953 „Custom“, „Mainline“, „Customline“ und schließlich „Crestline“ lauteten.
Das „welterprobte“ V8-Aggregat, das sich ab 1939 auch Mercury-Fahrer genehmigen konnten, und ebenfalls in Lieferwagen (1/2 ton Pickup) und LKWs (zum Beispiel F-6 von 1948) eingebaut wurde, gab es (in den USA) in verschiedenen Hubraum-Versionen: 3,6 Liter (1932-1942), 2,3 Liter (1937-1941), 3,9 Liter (1946-1953), 4,2 Liter (Mercury) und die noch größeren LKW Versionen. 1953 kam in den USA das Aus für das laufruhige Triebwerk, das ab 1932 stetigen PS-Zuwachs erfahren hatte und in seiner letzten Version mit 110 PS aufwartete. In anderen Kontinenten blieb der Motor noch jahrzehntelang in Produktion. Tuning-Experten entlockten dem V8 etliche, zusätzliche Pferdestärken.
Der Federungskomfort war ebenfalls zeitgemäß:
Querblattfedern und Starrachsen vorn und hinten mit hydraulisch wirkenden
Stoßdämpfern.
Gebremst wurde dagegen der deutsche V8 stets rein mechanisch
- per Gestänge (ab 1937 über Seilzüge), das die Trommelbremsen zum Zupacken animierte.
Das synchronisierte Dreiganggetriebe
verteilte die Kraft des V8-Motors über die Kardanwelle auf die Hinterräder.
Ab 1939 unterstützte ein in einigen Märkten auf Wunsch lieferbares "Columbia-Overdrive“
den Fahrspaß; natürlich profitierten auch Mercury-Chauffeure
von dieser Neuerung, die der Lincoln Zephyr V12 serienmäßig
hatte.
Die kontinuierlich steigende Leistung der Triebwerke wurde durch ständige Fahrwerksverbesserungen
im Zaum gehalten. So spendierten 1939 die Ford-Techniker dem V8 ein hydraulisches
Einkreisbremssystem. Den größten technischen Fortschritt bescherten
sie allerdings dem neukonstruierten 49er Modell: geänderter Rahmen
und modernisiertes Fahrwerk, unter anderem mit Längsblatt-Federung
hinten.
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