Ford Israel

Der Libanon knüpfte als erster Markt im Nahen Osten 1920 Beziehungen mit Ford und am 5.9.21 trafen die ersten zerlegten 90 T-Modelle bei Charles Corm in Beirut ein um dort montiert zu werden. Er exportierte sie auch in Nachbarländer wie Palästina, die Türkei, Syrien und Jordanien. Jedes dritte Fahrzeug in der Region war damals ein Ford. Zu den ersten Ford im damals noch britischen Palästina werden auch englische und australische Fordson Armee-LKW gehört haben. Zudem wurden Anfang der 30er Jahre viele kanadische Ford LKW mit Marmon-Herrington Allrad Antrieb für den Pipeline-Bau der Ölindustrie genutzt. Bei den saudischen Beduinen waren die meist roten F-Serie V8 Eintonner als "wanet" (eins-acht für eine Tonne Nutzlast und acht Zylinder) bekannt.

Nach der Unabhängigkeit Israels kam es schon 1948 im New Yorker Waldorf Astoria Hotel zu einem Treffen zwischen Henry Ford II und Israels Präsidenten Dr. Chaim Weizmann. Kaum mit Eisenbahnstrecken gesegnet war der junge Staat fast komplett auf LKW als Transportmittel angewiesen. Ford witterte neben einem guten Geschäft auch die Möglichkeit der Kritik an antisemitischen Äußerungen seines Großvaters zu begegnen. 1949, als die USA Israel erste finanzielle Hilfen zusagten, sandte Henry Ford II ein Team nach Israel um zu untersuchen ob sich dort eine eigene Fertigung lohnen würde. Schon im Jahr darauf wurde ein Vertrag zwischen Ford und Dr. Lifschitz sowie seinem Partner Arieh Lowenstein unterzeichnet. Im Juni 1951 eröffnete Premierminister David Ben-Gurion das Kaiser Frazer Montagewerk.

Fords Mann im Nahen Osten, Walter McKee, schlug eine Montage in der Hafenstadt Haifa vor. Amerikanische Fachkräfte sollten die Israelis ausbilden, zudem sollten – wo immer möglich – einheimische Lieferanten ausgewählt werden. Noch im gleichen Jahr kam es zu einer 4 Millionen Dollar Bestellung seitens Israels in Detroit über 1.800 LKW und Busse, zu guten Konditionen von der Ford-Bank finanziert. Warum es nicht zur Montagelinie in Haifa kam, kann nur noch vermutet werden. Waren es die politischen und wirtschaftlichen Probleme, oder lohnte sich der Deal für Ford schlichtweg nicht?
Der israelische Präsident blieb Ford treu und fuhr bis zu seinem Tode im Jahr 1952 eine Lincoln Cosmopolitan Präsidenten Limousine, die er 1950 von Henry Ford II geschenkt bekam und die sich heute restauriert in Tel Aviv befindet. König Hussein von Jordanien war auch Lincoln Fan, er fuhr einen 47er Continental und einen 52er Lincoln Capri.

Lincoln Cosmopolitan von Dr. Weizmann
Lincoln Cosmopolitan von Dr. Weizmann

Mitte der 50er Jahre gründete sich der erste einheimische PKW-Hersteller. Die 1957 in Haifa gegründete Autocars Company baute einen kleinen Kombiwagen mit Ford-Anglia-Motor. 1961 übernahm sie die Lizenzherstellung eines von der englischen Reliant Engineering Co. entwickelten Sportcabrios. Yitzhak Shubinsky, der Initiator von Autocars, besaß nicht zuletzt aufgrund seiner großzügigen Spenden an die regierende Arbeitspartei einfach den besseren Draht zur Politik, vor allem zum damaligen Finanzminister Pinchas Sapir. Mit Unterstützung durch Reliant baute Autocars ab 1960 Kleinwagen mit Kunststoff-Karosserie. In Israel herrschte Devisenknappheit, und von freier Marktwirtschaft konnte nicht die Rede sein, weil bei vielen Geschäften der Staat ein Wörtchen mitreden wollte. Während der Reliant Sabre ein kantiges Kühlergesicht trug, wurde dem Sabra Sport eine aerodynamisch verlängerte Front verpasst. Sabra ist ein Synonym für in Israel Geborene. Verwendet wurden, wie schon bei Reliant, Anglia Motoren. Neben dem Sussita und Carmel baute man in Haifa später auch den Sabra Sportwagen mit 1,7-Liter Consul Motor - leistungsgesteigert auf 91 SAE-PS für den Export, zumeist nach Belgien und in die USA. Deren Qualität galt als recht schlampig, Spötter behaupteten sogar die Plastikkarosserie würde von Kamelen angeknabbert. 1970 ging Autocars bankrott, die Kunststoffwagen wurden von Rom Carmel Industries mit verändertem Design und unter anderem Namen noch bis 1980 weitergebaut. Sussita & Co. waren einfach zu unattraktiv, um sich außerhalb Israels verkaufen zu lassen. Und Exporte mussten sein, weil der heimische Markt zu klein war. Ganze 144 Sabras ließen sich in den USA absetzen, weitere 81 in Belgien. Und einige Dutzend Carmel wurden unter dem Namen Attica Carmel 12 in Griechenland in Lizenz hergestellt. Zudem haperte es gewaltig bei der Qualität. Als Shubinsky einen Sussita zu einer Automesse nach New York bringen wollte, fiel die Karre schon auf dem Weg dahin auseinander. Viel schlimmer noch war es um die Sicherheit der Autos »Made in Israel« bestellt, weshalb nicht wenige Menschen bei Unfällen zu Tode kamen. Shubinsky selbst starb in einer seiner Plastikkarossen, weil er am Steuer einen Herzanfall erlitten hatte und es zum Crash kam.

Sabra
Sabra

Da die "NATO-Ziege" von der Bundeswehr nicht wirklich gemocht wurde, suchte Ford Köln neue Absatzmärkte für den Allrad-Laster und wurde in der Türkei und bei den Israelis fündig.

Im Juni 1966 kehrte Ford Importeur und Gründer der Palestine Automobile Corp. Dr. Shaul Lifschitz von einer Detroit Reise zurück. Dort versprach er in Israel eine Fertigungslinie hochzuziehen. Am 8. November 1968, mitten in einer wirtschaftlichen Rezession, bot Ford an zukünftig Anglia PKW sowie Traktoren im Land zu montieren. Das Angebot auch den Falcon oder Transit Lieferwagen und Kleinbusse bauen zu dürfen wurde jedoch abgelehnt, denn für dieses Segment hatten die Israelis schon Dodge exklusiv eine Zusage erteilt. Bei "Palestine Automobiles" wurden Dexta Schlepper gebaut. Die Anglia Produktion lief aber damals in England schon aus, dessen Nachfolger Escort stand bereits in den Startlöchern.
Bei schönem Wetter  wurde am 22. Mai 1968 das Automotive Industries (AIL) Werk in Upper Nazareth Illit eingeweiht. Zehn weiße, dort mit aus England angelieferten Teilen montierte Escort standen zur Auslieferung bereit. Bis Jahresende stieg deren Zahl auf 970, was beweist wie beliebt dieses Modell in Israel war. Solcherlei Aktivitäten wurden von den arabischen Nachbarn mit großem Argwohn betrachtet und man drohte mit einem Ford Boykott würde die Produktion in Israel nicht umgehend eingestellt. In 13 Jahren wurden in Nazareth insgesamt 27.604 Escort Mk.I & II gebaut, damit stellte Ford das zahlenmäßig erfolgreichste je in Israel montierte Automobil. Automotive Industries (AIL) baut heute in Upper Nazareth Militärfahrzeuge.

Den Ford Import übernimmt seit 1999 Delek Motors. Für die Armee werden in Israel gepanzerte Fahrzeuge auf Ford F-Serie Basis gebaut, z.B. die "Plasan Sand Cat ". 2017 erwirbt Ford Anteile am israelischen Unternehmen SAIPS aus Tel Aviv. SAIPS entwickelt mithilfe von künstlicher Intelligenz ein visuelles Erkennungssystem für selbstfahrende Autos, mit dem Fahrzeuge oder Fußgänger selbst bei Unwetter und schlechten Lichtverhältnissen identifiziert werden können.  Von den mehr als 6500 Start-Ups, die es im Land gibt, beschäftigen sich bereits 500 ausschließlich mit der Mobilität von morgen. Genau deshalb haben Ford, Daimler oder Volkswagen Forschungsbüros vor Ort eröffnet.

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