Zu Gast beim schnellen Baron

Im vergangenen Jahr verschlug mich ein Hochschulwechsel aus dem Rheinland nach Ludwigsburg. Dies allein wäre hier noch nicht einmal eine Randnotiz wert. Auch nicht, dass ich jüngst im Kontext einer Studienfahrt Schloss Fachsenfeld bei Aalen besucht habe. Ein klassizistischer Bau aus dem 19. Jahrhundert, in dem vier Generationen adeliger Freiherren residierten. Was dem geschriebenen Wort hier seine Berechtigung gibt, ist der Glaube an den technischen Fortschritt, der auf das Engste mit den ehemaligen Schlossherren verknüpft ist.

Das letzte Kapitel im Familienstammbuch ist mit dem Namen Reinhard von Koenig-Fachsenfeld überschrieben. 1992 starb der letzte Schlossherr im hohen Alter von 93 Jahren. Noch heute kann man seine einstigen Wohnräume mit originaler Einrichtung begehen. Alles scheint, als hätte der Freiherr sein Schloss gerade erst verlassen, um sich kurzerhand auf einem Spaziergang im englischen Garten zu vergnügen. Oder aber um mit der Leidenschaft des Pioniers und dem Ehrgeiz des Rennfahrers nach wie vor in seiner Garage an strömungsgünstigen Karosserien zu tüfteln.

Vom Rausch der Geschwindigkeit infiziert, sorgte der Stuttgarter Adelssprössling in den 1920er Jahren für Furore auf der Rennstrecke. Sowohl auf dem Motorrad als auch im Auto erzielte er Geschwindigkeitsrekorde. 1925 ging er zudem als Erster auf der Solitude-Rennstrecke über die Ziellinie. Ein Jahr zuvor wurde der Baron deutscher Motorradstraßenmeister. Die Errungenschaften der Luftfahrt übertrugen die Väter der Auto-Aerodynamik auf die Technik der Kraftfahrt. An dieser Stelle sei an das kuriose Rumpler-Tropfenauto, von Edmund Rumpler 1921 geformt, erinnert. Unterdessen konstruierte Reinhard von Koenig-Fachsenfeld verstärkt im Anschluss an seine aktive
Rennfahrerkarriere an der idealen Stromlinienform für Straßenfahrzeuge, wobei er die Arbeit des Ex-Luftschiffers Paul Jaray weiterentwickelte.
Der generationsgleiche Manfred von Brauchitsch siegte 1932 auf der AVUS (Automobil-Verkehrs- und Übungstraße) in Berlin in einem von Baron Fachsenfeld aerodynamisch optimierten Mercedes SSKL.

Die Minimierung des Luftwiderstands ist freilich kein Gewinn der Moderne, sondern samt und sonders ein Erbe der zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts.
Reinhard von Koenig-Fachsenfeld sorgte als einer unter wenigen Pionieren mit seinen Patenten dafür, dass die Grundlagen für souveräne Aerodynamik in der Automobilindustrie bis heute jedem Gegenwind trotzen. Davon kann man sich in der “Garage des schnellen Barons” überzeugen, die sich im Keller des Schlosses befindet.

Alle weiteren Informationen rund um Schloss Fachsenfeld unter: www.schloss-fachsenfeld.de
 tmeu

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