1996 fiel der Hammer in Köln-Ehrenfeld: Nach mehr als 120 Jahren schloss die renommierte Karosseriefabrik Peter Bauer ihre Tore für immer.
Der Bühnenboden war mit dunkel glänzendem
Kopfsteinpflaster ausgelegt, die Hintergrundkulisse bestand aus einer pockennarbigen
Betonwand. Davor standen ein paar kleine, zerzauste Bäumchen. Eine
unwirtliche Szenerie, vor der die Darsteller aber grandios aufspielten:
Da präsentierten sich charaktervolle Originale ebenso wie einträchtige
Mannschaften, kernige Burschen für's Grobe ebenso wie sensible Spezialisten
für delikate Aufgaben. Die Lukasstraße im Kölner Stadtteil
Ehrenfeld war jahrzehntelang die Schaubühne für interessante
Nutzfahrzeuge. Hier lag der Haupteingang der Fahrzeugfabrik Peter Bauer,
und am Bahndamm posierten die gerade fertiggestellten Produkte für
den Fotografen. Tausende von Lastwagen, Anhängern und Omnibussen präsentierten
sich vor der Betonmauer der Bahnstrecke von und nach Aachen.
Heute erinnert in der Lukasstraße
nichts mehr an die Bauer-Zeit. Das Werk wurde abgerissen, die Fahrbahn
asphaltiert und die Bahntrasse ausgebaut. Nur die Bäume flankieren
die Lukasstraße als mächtige Schattenspender noch immer.
Fast 125 Jahre lang existierte das Unternehmen
Peter Bauer. Es baute in dieser Zeit nicht nur robuste Pritschen, Kipper,
Kasten und Koffer, sondern entwickelte auch Kommunalfahrzeuge, Omnibusse
und zahllose Sonderaufbauten. Selbst an Personenwagen versuchte sich der
,,Karosserie-Bauer". Gegründet hatte den Betrieb der Huf- und Wagenschmied
Peter Bauer im Jahre 1872.
Einen seiner ersten Aufbauten für
motorisierte Fahrzeuge lieferte er 1900 an August Horch, der ebenfalls
in Köln-Ehrenfeld seine Autobauerkarriere begann. Ansonsten wurden
in jenen Anfangsjahren Pferdekutschen, Handkarren und Wagenräder gefertigt.
Um die Jahrhundertwende begannen die Kommunen
mit der Organisation von Straßenreinigung und Müllabfuhr. Peter
Bauer, nach eigener Einschätzung damals die ,,größte und
leistungsfähigste Wagenfabrik Rheinlands und Westfalens" lieferte
,,moderne Fahrzeuge für königliche, städtische und Ortsbehörden"
in ganz Europa, und natürlich auch an die der Heimatstadt Köln.
Die Stadt Köln richtete 1890 einen Fuhrpark ein, der mit Sprengwagen,
Kehrmaschinen und Müllkarren dem Dreck zuleibe rückte. Peter
Bauer lieferte die dafür notwendigen Gerätschaften: Ab 1912 wurden
einachsige 150-Liter-Faßwagen gebaut, die von kräftigen Männern
gezogen wurden. Nach Gießkannenmanier wurden damit die Bürgersteige
gesprengt. Köln beschaffte zudem Elektrokarren von Muchow (12 PS)
und Lastwagen von Krupp (50 PS), die von Bauer mit Tank- und Sprengaufbauten
(1.000 bzw. 4.000 Liter) versehen wurden
Auch die Müllabfuhr der Stadt Köln
besorgte sich ihre automobile. Erstausstattung bei Bauer. Zwischen 1926
und 1929 erhielt die städtische "Abfuhranstalt" für ihr gerade
aus der Taufe gehobenes Wechseltonnensystem 60 Elektrokarren und 42 Großraum-Müllwagen. ,,Der Initiative der Firma Peter Bauer ist die ausgeglichene architektonische Gestaltung der Wagen zu verdanken," lobte der Fuhrparkdirektor. Indes,
das Wechseltonnensystem war teuer, und 1935 kehrte die Stadt Köln
zum konventionellen Umleerverfahren zurück.
Müllfahrzeuge waren lange ein wichtiges
Bauer-Standbein. Man begann mit pferdegezogenen Müllwagen, es folgten
motorisierte Fahrzeuge mit verschiedenen Staumethoden. Es gab Fahrzeuge
mit Förderschnecken im Innern des Müllbehälters und solche
mit einer Preßvorrichtung. Andere hatten eine Rolltrommel, die nach
der Füllung der Einschüttasche einfach nach vorne gekippt wurde.
Und es gab den Trommelmüllwagen mit mehreren seitlichen Einschüttöffnungen,
dessen Behälter um die Längsachse drehbar war. ,,Die vollständige
Füllung der Trommel erfolgt nach den Gesetzen von Schwerkraft, Böschungswinkel
und Wandadhäsion,' erklärte ein zeitgenössisches Fachbuch.
Dieser Trommelwagen war von Bauer ersonnen worden, während andere
auf Basis von Lizenzen (u.a. Faun und J. Ochsner & Cie.) fabriziert
wurden.
Großstädte führten in
den Zwanzigern motorgetriebene Müllwagen ein, kleine und mittlere
Kommunen hingegen setzten noch bis zum Zweiten Weltkrieg auf den Pferdezug.
Denen lieferte Bauer in großer Zahl (nichtdrehbare) Trommelmüllwagen
mit 2,5 bis 5 m3 Inhalt. Peter Bauer versicherte in seinem Prospekt: ,,Sie
stellen die für klein-kommunale Verhältnisse am besten geeignetesten
Müllwagen dar unter Berücksichtigung aller modernen Errungenschaften
auf diesem Gebiet, wie meine Fahrzeugfabrik auch die erste und einzige
ist, welche die im großstädtischen automobilen Müllabfuhrwesen
praktisch bewährten Erfindungen auch für Pferdefahrzeuge nutzbar
gemacht hat." Müllkutscher aus ganz Europa orderten die Bauer-Trommeln.
1924 beispielsweise die Stadt Flensburg:
,,Ein Müllabfuhrwagen für 4 cbm System Colonia franco Bhf
Flensburg, ein & zweispännig mit Rollenlagerachsen, GM 2800,-
Bes. Wünsche: 1. Hauben dürfen nicht klappern, 2. Rückwand
dichten, 3. Bes. Starke Bremse. Wagengewicht 2150 kg."
Kommunalfahrzeuge waren eine Spezialität
Peter Bauers, die Grundlage des Geschäfts bildeten jedoch Anhänger
und Lkw-Aufbauten. Das Bestellbuch der Jahre 1922 bis 1925 macht die Arbeitsanteile
deutlich. Geordert und abgeliefert wurden
Zuverlässige Dieselmotoren und sichere
Druckluftbremsen auf der einen, weiche Ballonreifen und angenehme Federungssysteme
auf der anderen Seite gaben die großen Hersteller ihren Fahrgestellen
mit auf den Weg. Karosseriemanufakturen wie Bauer fügten dann jene
Portion Eleganz und Prestige hinzu, die der Bustouristik zu ihrer hohen
Beliebtheit verhalf.
Die Busse von Peter Bauer spiegelten den
Reisestil jener Zeit wider: Die Karosserieformen waren geschwungen, vorn
mit teilweise gigantischen Kühlerhauben und hinten mit abenteuerlichen
Überhängen, garniert mit viel Chrom und mehreren Farben. Panoramafenster
im Dachrand und Rolldächer ließen Licht und Luft hinein, lederne
Sessel und samtene Gardinen sorgten für ein behagliches Ambiente.
Neben Reisebussen stellte Bauer Linienbusse für viele Verkehrsbetriebe
in Deutschland her. So waren die Bahnen der Stadt Köln seit Mitte
der dreißiger Jahre Bauer-Stammkunde. Sie übernahmen 1933 die
Dienste (und 39 Busse) der liquidierten Kölner Straßen-Omnibus-Gesellschaft,
die den innerstädtischen Busverkehr acht Jahre zuvor begründet
hatte.
Die ersten Neubeschaffungen tätigten
die Bahnen der Stadt Köln bei Bauer:
1935 zwei Ford-Kleinbusse für den
Einmannbetrieb auf verkehrsschwachen Strecken und für den Gelegenheitsverkehr,
1936 bis 1938 sechzehn Büssing-Dreiachser und 1938 bis 1940 zwölf
Büssing-Trambusse (500T). Letztere boten durch den Wegfall der mächtigen
Kühlerhaube ein Viertel mehr Nutzfläche; sie konnten bei gleicher
Fahrgastzahl zwei Meter kürzer gebaut werden, verfügten aber
dennoch ,über 29 Sitz- und 30 Stehplätze. Zu besonderem Schick
verhalfen den Bauer-Linienbussen die abgedeckten hinteren Radkästen,
ein jüngst von Neoplan wiederentdecktes Stilelement.
Durch einen Anhänger konnte die Kapazität
der Busse fast verdoppelt werden. In Köln wurden Beiwagen ab 1932
beschafft - selbstverständlich bei Peter Bauer. Die Anhänger
,Bauart Köln' waren bereits selbsttragend und kamen ohne besonderes
Laufgestell aus. Die Rahmen und das Kastengerippe waren geschweißt,
die Verkleidungsbleche aufgenietet. Der leer 5,4 Tonnen wiegende Hänger
hatte Achsschenkellenkung und Druckluftbremse Bei Beginn des Zweiten Weltkriegs
besaßen die Bahnen der Stadt Köln 51 Busse und 14 Anhänger.
Im Jahre 1935 beschäftigte Peter
Baue 200 Mitarbeiter, bei Ausbruch de Zweiten Weltkrieges waren es doppel
so viele. Davon arbeiteten rund 200 in Lkw- und Anhängerbereich und
150 im Omnibusbau, der Rest produktübergreifend als Schreiner für
den Zuschnitt, als Maschinenschreiner, Anreißer, Stellmacher oder
Spengler.
Was immer sie auf die Räder stellten
rollte anschließend hinaus auf die Lukasstraße und wurde vor
dem Bahndamm abgelichtet. Dieser lag direkt
gegenüber des Fabriktors in der Köln-Ehrenfelder Lukasstraße.
Besonders prachtvolle Stücke baute der Fotograf auch vor grandioseren
Kulissen auf. Davor gab es reichlich in Köln...
Nach dem Ende des Nazi-Terrors fing man
auch bei Peter Bauer in Köln-Ehrenfeld beinahe wieder bei Null an.
Lediglich den Bahndamm in der Lukasstraße hatte man als Fotohintergrund
für die Neufahrzeuge aus der Vorkriegszeit übernehmen können.
Vergleichsweise schnell kam Bauer wieder auf die Beine. Von Vorteil waren
dabei die guten Beziehungen der Familie sowie zwei geräumige Kellergeschosse
eines ehemaligen Brauereigebäudes, das zwischenzeitlich in die Fahrzeugfabrik
integriert worden war. Dort waren große Warenbestände rechtzeitig
eingelagert worden und hatten so Zerstörungen und Plünderungen
überdauern können. Mit zwölf Mann begann die Produktion
von Ackerkarren, die auf dem Schwarzmarkt gegen Gemüse und Fleisch
getauscht wurden.
,,Jeden Tag wieder ein Bauer-Omnibus",
konnte bereits 1949 die Werbung vermelden. ,,Nach Beseitigung größter
Kriegsschäden wieder leistungsfähig im Fahrzeug- und Karosseriebau.
Großserienfabrikation von Omnibussen, Anhängern und Aufbauten
wieder in vollem Gange." Am Wirtschaftswunder partizipierte Bauer tüchtig,
schließlich mußten die reichlich nachgefragten Waren zu den
Konsumenten transportiert werden. Auslieferungswagen gingen an große
Lebensmittelketten, Kofferfahrzeuge an Möbelhäuser und Umzugsspeditionen,
Paket-Transporter an die Bundespost. Zu den Einzelhandelsuntemehmen, die
beinahe ihre kompletten Flotten bei Bauer maßschneidern ließen,
gehörten die Kölner Traditionsbetriebe Cornelius Stüssgen
(gegründet 1897) und Kaiser's Kaffee-Geschäft (1880) sowie der
Selbstbedienungspionier Herbert Eklöh (1957 erster SB-Markt in Köln).
Rund 800 Leute arbeiteten 1955 bei Bauer. Sie stellten in großer
Menge herkömmliche Pritschen-, Kipper- und Kofferaufbauten, aber auch
bemerkenswerte Spezialfahrzeuge her. Dickwandige Sprengstofftransporter
zum Beispiel, die Explosivstoffe zu Kohlezechen lieferten, oder Tankwagen
aus tieffemperaturbeständigem Stahl, mit denen verflüssigte Gase
von Sauerstoffwerken zu den Anwendern gebracht wurden.
Anspruchsvolle Fahrzeugkonstruktionen
schuf Bauer auch für Gesundheitsorganisationen und Kreditinstitute.
Sattelauflieger mit einer umfangreichen Thorax-Röntgenausrüstung
wurden in den fünfziger und sechziger Jahren gebaut. Sie tauchten
dann im Zwei- oder Dreijahres Rhythmus vor Schulen, Behördensitzen,
Gefängnissen und Lebensmittelmärkten im Rahmen der Tuberkulose-Früherkennung
auf.
Eine einmalige Fahrzeuggattung stellte
Bauer zwischen 1955 und 1960 in genau 53 Exemplaren her: Wagenprüfstände
für B.V. Aral. Das waren zweiachsige Anhänger mit einer ausklappbaren
Rampe und einer elegant gestylten Technikerkabine. Die Geschichte dieser
fahrbaren Prüfstände reichte bis zur 'Erfindung' des Super-Sprits
zurück:
1924 hatte der Benzol-Verband (B.V.) ein
Benzol-Benzin-Gemisch gebraut, das eine leichtere Vergasbarkeit eine größere
Ergiebigkeit und eine höhere Klopffestigkeit brachte. Dieser ,Aral'
genannte Treibstoff (weil Benzol zu der chemischen Gruppe der Aromaten
und Benzin zu jener der Aliphaten gehören) konnte die Autos aber nur
dann spritziger und sparsamer machen, wenn deren Motoren auf die hochoktanige
Nahrung einreguliert wurden. Ebendies wurde auf den B.V.-Prüfständen
getan. 51 dieser Prüfstände entstanden zwischen 1932 und 1939
bei Bauer.
Rund 150.000 Motoren wurden pro Jahr eingestellt,
wobei der Kraftfahrer die Wahl zwischen optimaler Leistung und geringstem
Verbrauch hatte. Dieser Service war kostenlos. Das B.V.-Super war allerdings
vier Pfennig teuer als die Normalware, außerdem liefen die auf Aral
optimierten Motoren mit anderen Kraftstoffen kaum noch ordentlich. Eine
sehr effiziente Form der Kundenbindung... Alles super? Nicht lange, denn
schon Anfang der Sechziger gab B.V.-Aral die Prüfstände auf.
Seiner Traditionssparte Müllabfuhr
schenkte Bauer nach dem Krieg nur noch wenig Aufmerksamkeit. Zwar entstanden
bis Mitte der sechziger Jahre noch Müllsammelfahrzeuge, doch die waren
technisch wenig anspruchsvoll. Sie wurden vor allem in Länder der
Dritten Welt exportiert. Einige kleinere Gemeinden fragten weiterhin Trommelmüllwagen
nach, einem Bauer-Klassiker aus den zwanziger Jahren. Er war seinerzeit
für den Pferdezug konzipiert worden, doch statt der Vierbeiner ließen
sich auch Traktoren oder Unimogs vorspannen. Das letzte Exemplar (für
Pferdezug) ging 1979 (!) an die Müllabfuhr der autofreien Nordseeinsel
Juist.
Der Omnibusbau erlebte nur eine kurze Blüte,
die Großserienfertigung endete im Jahre 1956. Bis dahin waren besonders
Linienbusse karossiert worden, so für die Autobusbetriebe von Bonn,
Aachen, Düsseldorf, Koblenz und Moers.
Und natürlich für die Kölner
Verkehrs-Betriebe (KVB), deren Neuanschaffungen bis 1955 ausschließlich
von Peter Bauer stammten: 18 Büssing 5000 TU, 31 Büssing 6000
17 vier Büssing 6500 17 sechs Büssing TU 11 sowie 33 Anhänger.
Desweiteren beauftragten sie Bauer mit der Neukarossierung von sieben Altfahrzeugen
aus den dreißiger und vierziger Jahren.
,,Der Omnibuszug der Fahrzeugfabrik
Peter Bauer stellt [...] in seiner äußeren Form eine wertvolle
Bereicherung des Wagenparks dar," urteilte eine Fachzeitschrift 1955.,,
Auch in konstruktiver und betrieblicher Hinsicht hat er alle an ihn gestellten
Erwartungen erfüllt. Die Fahrgäste sind mit dem neuen Omnibuszug
außerordentlich zufrieden." Die Karosserie des zehn Meter langen
und fast neun Tonnen schweren Büssing-Trambusses war eine elektrisch
geschweißte Leichtbaukonstruktion aus Spezialstahlprofilen mit äußerer
Beblechung. Viel glänzender Chrom in der Kühlerattrappe und den
seitlichen Zierleisten sowie kuppelförmig gerundete Scheinwerfer und
Nebellampen prägten das äußere Bild, gut gepolsterte Sitze
(25 plus 48 Stehplätze), zu öffnende Fenster (Kurbelfenster und
schiebbare Oberlichter) das Innere. Der Anhänger war achteinhalb Meter
lang und bot achtzig Passagieren Platz (20 Sitz-, 60 Stehplätze).
Die ab 1955/56 folgenden großen Serien bestellten die KVB nicht mehr
bei Bauer, sondern bei DÜWAC, Büssing und Magirus-Deutz. Der
Einsatz von Omnibusanhängern wurde 1956 verboten, woraufhin sich Bauer
an der Alternative Gelenkbus versuchte. Ein Prototyp ging 1958 an die KVB,
die ihn fünf Jahre einsetzte. Auf ein Büssing-Fahrgestell des
Typs TU10 hatte man einen luftgefederten, 16,5 Meter langen und 12,2 Tonnen
schweren Gelenkzug mit 48 Sitz- und 80 Stehplätzen aufgebaut. Dank
der Leichtbauweise war der Bauer-Gelenkbus fast eine Tonne leichter als
ein Konkurrenzmodell von Schenk-Vetter, welches die KVB ebenfalls zu Testzwecken
beschafft hatte. Letztendlich entschieden sich die Verantwortlichen aber
für ,Aero-Anderthalbdecker, die ab 1960 bei Ludewig gekauft wurden.
Zwischen 1950 und 1959 gab es in Köln
auch eine O-Buslinie (Nr.36 Rudolfplatz - Hohenlind), für die Peter
Bauer vier Triebwagen und drei Anhänger lieferte. Weitere Trolleybusse
fabrizierte Bauer 1960 für Koblenz.
In den Jahren 1948 bis 1956 karossierte
Bauer im Auftrag der Ford-Werke viele der auf dem Typ Rhein basierenden
Frontlenker-Busse. Die auf einem Langrahmen aufgebauten Fahrzeuge hatten
zumeist 33 Sitzplätze. Den Antrieb besorgte ein V8-Vergasermotor
mit 95 PS. Der endgültig letzte Omnibus aus Bauer-Produktion ging
1965 an die Stadtwerke Ennepetal.
Schon Mitte der fünfziger Jahre hatte
Peter Bauer auf dem militärischen Sektor einen neuen Absatzmarkt entdeckt.
Den Anfang machte die belgische Armee, die sich ab 1954 Werkstatt-, Film-und
Flugbeobachtungswagen auf der Basis des Ford AlIrad-Frontlenkers G798B
bauen ließen. Von der US-Army kamen Folgeaufträge, darunter
auch eine Serie von Ford FK4000-Tankwagen für den Einsatz in Deutschland.
Ab 1956 trat schließlich die im Aufbau befindliche Bundeswehr als
Kunde in Erscheinung. Sie vergab die Entwicklung und Teile der Bauaufträge
für die Drei- und Frinftonnen-Einheitskoffer an Peter Bauer.
Insgesamt fertigte Bauer 2582 Kofferaufbauten
für den Dreitonner Ford G398SAM-S3, die als Stabs-, Werkstatt-, Funk-,
Küchen- und Krankenwagen eingerichtet wurden. Der Ford, besser bekannt
als 'Nato-Ziege', war in der Truppe alles andere als beliebt, weil er aufgrund
seines hoben Schwerpunktes in Kurven zum Umkippen neigte.
Wesentlich besser bewährte sich der
Fünftonnen-Koffer von MAN, der gut vierzig Jahre in der Truppe blieb.
21.000 Exemplare des MAN 630 L2 wurden zwischen 1958 und 1972 gebaut, davon
7.656 mit den von Bauer entworfenen Kofferaufbauten. Neben Peter Bauer
fertigten auch Blumhardt in Wuppertal, Glas in Dingolfing und Zeppelin
in Friedrichshafen diese Aufbauten. Rund zwanzig Rüstsätze für
die unterschiedlichsten Verwendungszwecke konnten wahlweise in die Koffer
eingebaut werden.
Neben solchen Spezialfahrzeugen rüstete
Bauer auch handelsübliche Daimler-Benz-Lastwagen für die Bundeswehr
auf, machte aus ihnen rollende Küchen, Befehlstände, Funkstationen,
Klassenräume oder Sanitätsstationen. Ebenso entstanden auf der
Basis des Unimog eine Fülle von Spezialversionen.
Banken und Sparkassen gaben bei Bauer mobile
Filialen in Auftrag, um auch die Kundschaft in abgelegenen Wohngebieten
versorgen zu können. Die Sparkasse der Stadt Köln setzte zwischen
1959 und 1976 insgesamt drei von Bauer karossierte Fahr-Filialen ein, zwei
Mercedes und einen Büssing. Zwei- bis wöchentlich parkten die
Sparkassen auf Rädern für ein- bis zweieinhalb Stunden an einer
der insgesamt 17 Haltestellen und boten dort die Erledigung sämtlicher
Bankgeschäfte an. Auch die Kreissparkasse Köln ließ sich
1960 bei Peter Bauer zwei Mobilbanken herstellen. Als Basis griff man hier
auf Magirus-Deutz Chassis des Typs O3500H zurück Der Einzelpreis
dieses Fahrzeugs lag bei gewaltigen 91.500 DM, wobei allein die benötigten
Stahlschränke und die UKW-Fernsprechanlage mit knapp 10.000 DM zu
Buche schlugen - der Rubel mußte rollen, koste es; was es wolle!
Kaum erwartet - und deshalb auch nur beiläufig
wahrgenommen - wurden Bauers Ausflüge in den Pkw Bereich. 1935 war
ein Adler Trumpf Junior mit einem versenkbaren Stahldach präsentiert
worden! 1961 folgte ein Ford 17m mit einer ebensolchen Coupé-Cabrio-Wandelbarkeit.
Das 'Sportolet' genannte Einzelstück hatte ein Stahldach, das sich
samt Seitenfenster und Heckscheibe nach hinten wegklappen ließ. Ein
anderes Ford-Produkt hingegen wurde bei Peter Bauer in größeren
Stückzahlen am Fließband produziert, der Transit Hochkoffer
von1965. Dafür wurde im westlich von Köln gelegenen Kerpen-Sindorf
ein völlig neues Werk erbaut. "Während im alteingesessenen
Werk mit handwerklichem Können die Einzelfertigung dominiert und individuelle
Sonderwünsche erfüllt werden bietet das Werk Sindorf alle Voraussetzungen
für die rationelle Serienfertigung" erklärte Bauer Die unförmige
Transit-Variante erfüllte allerdings die Erwartungen nicht und flog
1968, nach rund tausend gebauten Exemplaren aus dem Ford-Programm. Fortan
wurden in Sindorf Pritschen für Daimler-Benz hergestellt.
Die Kapazität des Sindorfer Werkes (30 Fahrzeuge pro Tag) war deutlich zu groß für die Fahrzeugfabrik Bauer. Für deren Bedürfnisse genügte die alte und verwinkelte, jedoch modern ausgestattete Hinterhoffabrik in Ehrenfeld. Denn die Wachstumszeit war vorbei, das Geschäft verlief rückläufig, die Belegschaft schrumpfte stetig. Waren es 1982 noch 382 Angestellte; so sank deren Zahl bis 1985 auf nur noch 268 Mann. 1984 wurde das Werk Sindorf an Ackermann Fruehauf vermietet. Mit dem 1850 in Wuppertal-Vohwinkel gegründeten Unternehmen bestanden seit Jahrzehnten gute Beziehungen. Bauer übernahm für Ackermann eine Reihe von Aufträgen, lieferte Kastenwagen und Omnibusse nach Vohwinkel. Umgekehrt vergab auch Bauer Aufträge an Ackernann: in den siebziger Jahren fertigte beispielsweise das Ackermann-Zweigwerk Hamburg (die ehemalige Vidal/Tempo-Fabrik) 400 von Bauer konstruierte Duschwagen für die Hadsch-Pilger von Mekka.
Im Produktionsprogramm von Peter Bauer
waren Pritschen-, Kipper-, Koffer- und Tankaufbauten, außerdem Tieflader,
Wechsselsysteme, Shelter und andere Spezialaufbauten. Hohe Nutzlast bei
geringem Eigengewicht versprach der "Laster-Bauer" der heimischen Kundschaft,
während er für die Überseemärkte Robustheit und Strapazierfähigkeit
in den Vordergrund stellte. Fahrzeuge mit verstärkten Federungen und
Stahl statt Aluminium-Bordwänden oder -Kippermulden gingen vor allem
in den arabischen, nord- und westafrikanischen Raum.
Der Exportanteil bei Peter Bauer lag in
den letzten Jahren bei über fünfzig Prozent.
Im Inland war Bauer besonders am Niederrhein
im Ruhrgebiet im Bergischen Land und in der Eifel präsent. In der
Kölner Bucht lieferte man sich einen harten Konkurrenzkampf mit der
Fahrzeugfabrik Hall aus Köln-Riehl, die übrigens in den
Händen eines anderen Zweigs der Bauer-Familie lag. Emil Bauer wollte
in den dreißiger Jahren unabhängig in der gleichen Branche arbeiten
konnte das aber unter dem eigenen Familiennamen nicht realisieren. Deshalb
kaufte er sich in die 1829 gegründete Wagenfabrik von Hermann Peter
Hall ein. Sie wurde bis zur Schließung vor drei Jahren von Bauer-Sprößlingen
geleitet.
Die Talfahrt in den achtziger Jahren schien
unaufhaltsam, der Bauer-Umsatz sackte zwischen 1982 und 1985 von 125 Mio.
DM auf 53 Mio. DM. Im Jahre 1986 halbierte er sich durch die Flaute auf
dem Nutzfahrzeugmarkt, die Konkurrenz der Massenhersteller und das Ausbleiben
angestammter Auslandskunden erneut. Als dann noch ein Auftrag über
2000 Pritschenaufbauten für Lybien platzte, stand das Unternehmen
ohne flüssige Mittel da und mußte Konkurs anmelden. Das Personal
wurde weiter verringert (auf 115 Köpfe), das Produktionsprogramm auf
Pritschen, Kipper und Shelter zusammengestrichen. Im Sommer 1990 übernahm
die Zeppelin Systemtechnik aus Offenburg den angeschlagenen Betrieb. Die
Firmierung 'Peter Bauer Fahrzeugbau' blieb, die Produkte wurden aber fortan
unter dem 'Zeppelin'-Signet vertrieben. Zeppelin wollte mit der Bauer-Aquisition
ihre Basis für ,mobile Systemlösungen ab Fahrzeug-Oberkante'
(Werbung) verbreitern. Man baute in Friedrichshafen in großem Umfang
Shelter für die Bundeswehr und für Unternehmen der Nachrichtentechnik
und wollte diese Angebotspalette um die Shelter-Spezialitäten aus
Köln (z.B. Arztpraxen, Lazarette, Küchen oder Konferenzräume),
sowie um die Bauer-Konstruktion einer verwindungsfreien Pritsche erweitern.
Die Inszenierungen des neuen auswärtigen
Regisseurs brachten der Bühne Lukasstraße allerdings keinen
neuen Schwung. Zwar rollten einige interessante Modelle über den Laufsteg,
doch das Ensemble verkleinerte sich weiter.
Ganze 76 Mitarbeiter beschäftigte
die Fahrzeugfabrik Peter Bauer noch, als 1993 der endgültig letzte
Vorhang in Ehrenfeld fiel. Die Fabrikanlagen wurden abgebrochen, der Betrieb
in einen angemieteten Neubau nach Kerpen-Sindorf verlagert. Die Mitarbeiter
aus Konstruktion und Produktion waren weiterhin mit Engagement und Einfallsreichtum
dabei, jedoch verbesserte sich die Lage nicht. Das neue Objekt war teuer,
die Verwaltung groß, die Entscheidungswege zwischen Zeppelin-Konzernzentrale
und Bauer-Fertigungsstätte lang. Es gab vielversprechende Neuentwicklungen,
doch die Marktchancen wurden vergeben. Das galt beispielsweise für
den Ambulanzwagen Ratio RTW, der 1994 vorgestellt wurde. Ein Mercedes-Sprinter-
oder Fiat-Ducato-Triebkopf mit Tiefbettrahmen und Luftfederung bildete
die Grundlage, auf die ein geräumiger und funktioneller Shelteraufbau
aus fugenlosen, isolierten Sandwichelementen gesetzt wurde. In größerer
Zahl wurden noch Kipper für die lveco Euro-Cargo-Baureihe hergestellt.
Im September 1996 war endgültig Schluß, der Betrieb wurde aufgelöst. Die durch Patente geschützten Bauer-Entwicklungen wurden verkauft oder konzernintern verschoben: Verwindungsfreie Pritschen fertigt seitdem Kumlin in Waldkirch/ Breisgau, Shelter und Ambulanzen die Zeppelin-Abteilung Mobile Systeme in Friedrichshafen.
tm